Ob Internet- und Handydaten, Schufa oder am Arbeitsplatz: Datenschützer Peter Schaar rügt die Politik der Bundesregierung.

Berlin. Deutschlands oberster Datenschützer Peter Schaar hat der Bundesregierung leere Versprechen vorgeworfen. „Viele Datenschutzverbesserungen wurden angekündigt, aber nur sehr, sehr wenig wurde auf den Weg gebracht, und noch nichts ist abgeschlossen worden in dieser Legislaturperiode“, kritisierte Schaar bei der Vorstellung des Datenschutzberichts. Zugleich bemängelte er die Bestrebungen des neuen Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU), erneut eine Vorratsdatenspeicherung für mindestens sechs Monate für Internet- und Handydaten einzuführen. Die schon einmal vom Bundesverfassungsgericht gekippte Vorratsdatenspeicherung stehe für eine „ausufernde staatliche Datenverarbeitung“.

Von Bundesregierung und Bundestag erwarte er nun, dass sie Tempo machten und den Datenschutz zügig verbesserten, sagte Schaar. Der Datenschutzbeauftragte erinnerte die schwarz-gelbe Regierung an Projekte, die sie im Koalitionsvertrag angekündigt hatte: So sollte ein Arbeitnehmerdatenschutz gegen die Überwachung am Arbeitsplatz geschaffen werden, eine Stiftung Datenschutz sollte die Menschen im Alltag unterstützen und die seit den Anschlägen vom 11. September 2001 massiv verschärften Sicherheits- und Anti-Terror-Gesetze sollten grundlegend überprüft werden.

Besonders drastisch hätten die Abfragen von Kontendaten zugenommen, rügte Schaar. Teils verlangten hier Finanz- und Sozialbehörden Auskunft, teils Polizei oder Staatsanwaltschaft. Unklar sei, inwieweit der Staat sich darüber hinaus von Auskunfteien wie der Schufa Daten beschaffe. Dies wäre eine Umgehung der gesetzlichen Vorgaben zur Kontenabfrage, bemängelte der Datenschutzbeauftragte. Den Bürgern sei ihre Überwachung bewusst, und sie seien damit nicht einverstanden – besonders, wenn die Daten hinter ihrem Rücken gesammelt würden. Allerdings nutze ein Teil der Verbraucher Computer und Smartphones auch unbedacht und gebe wissentlich oder unwissentlich viele Daten preis.

Die stellvertretende FDP-Fraktionschefin Gisela Piltz verteidigte dagegen die Erfolge der schwarz-gelben Regierung im Datenschutz, den sich vor allem die Liberalen auf die Fahnen geschrieben haben. „Mit der Normierung des Arbeitnehmerdatenschutzes und der Errichtung der Stiftung Datenschutz werden in Kürze zwei zentrale Anliegen dieser Regierungskoalition in die Tat umgesetzt“, kündigte sie an.

In der schwarz-gelben Koalition schwand unterdessen die Hoffnung, noch einen Kompromiss über die Vorratsdatenspeicherung erzielen zu können. „Ich sehe derzeit keinen Kompromiss“, sagte die CSU-Landsgruppenvorsitzende Gerda Hasselfeldt. Die Vorstellungen zwischen der Union und der FDP gingen sehr weit auseinander. Sie hoffe jedoch, dass zumindest bei einigen Anti-Terror-Gesetzen die zeitliche Befristung aufgehoben werde. Innenminister Friedrich (CSU) fordert, die Kommunikationsdaten aller Bürger auch ohne konkreten Verdacht für mindestens sechs Monate zu speichern. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) pocht dagegen darauf, die Daten nur im Verdachtsfall einzufrieren. In der Diskussion über die Vorratsdatenspeicherung stellte sich Schaar hinter Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die künftig nur eine anlassbezogene Speicherung zulassen will. Das von ihr vorgeschlagene „Quick-Freeze-Verfahren“ zum Einfrieren bestimmter Daten sei viel gezielter als die von der Union befürwortete generelle Speicherung der Daten für sechs Monate. Schaar sagte, zusammen mit dem siebentägigen Speichern der IP-Adresse sei „Quick-Freeze“ „eine viel konkretere und gezieltere Maßnahme als die Speicherung sämtlicher Kommunikationsdaten“. (rtr/AFP/dpa)