Der Bundesinnenminister sprach von einer konkreten Gefahr, die abgewendet wurde. Eine deutsche Großstadt soll das Terrorziel gewesen sein.

Karlsruhe/Berlin. Sie hatten Sprengstoff und planten wohl einen Anschlag in Deutschland - Beamte des Bundeskriminalamts haben am Freitag in Nordrhein-Westfalen drei mutmaßliche Mitglieder des Terrornetzwerks al-Qaida festgenommen. Wie Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte, wurde damit "eine konkrete und bevorstehende Gefahr durch den internationalen Terrorismus" abgewendet. Gegen die drei wurde bereits seit Monaten ermittelt. Ausgangspunkt für das "jetzt kurzfristig eingeleitete Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft ist ein seit über sieben Monaten beim Bundeskriminalamt wahrgenommener Vorgang", sagte Friedrich. Die Ermittlungen hätten "Bezüge" zur Terrorwarnung, die der damalige Innenminister Thomas de Maizière im November 2010 aussprach.

"Ziel war aber der öffentliche Nahverkehr in einer Großstadt", sagte ein hochrangiger Ermittler der "Welt". Darauf würden einerseits größere Mengen sichergestellter Sprengmittel und Chemikalien in einem Wohngebiet hindeuten als auch abgehörte Gespräche von Handys sowie Internetverbindungsdaten von Computern der Verdächtigen.

Wie die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete, handelt es sich bei den Festgenommenen um marokkanischstämmige junge Männer aus Nordrhein-Westfalen, bei denen größere Mengen Sprengmittel sichergestellt worden seien, darunter Azeton. Nach einem Bericht der "Rheinischen Post" hätten sie bereits Sprengstoff zu Testzwecken gezündet, nach anderen Berichten hätten sie den für Freitag geplanten Test verschoben und seien darauf festgenommen worden. Der Vorfall zeige, dass Deutschland "nach wie vor im Fadenkreuz internationaler Terroristen" stehe, betonte Friedrich. Es gelte, "auch weiterhin wachsam zu bleiben".

Friedrich wies auf die "enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit des Bundeskriminalamts mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz, der Länderpolizei und den ausländischen Partnerbehörden" bei der Festnahme hin. Weitere Einzelheiten sollen am Sonnabend auf einer Pressekonferenz der Bundesanwaltschaft bekannt gegeben werden, an der auch BKA-Präsident Jörg Ziercke teilnehmen wird. Nach SWR-Informationen soll einer der Männer bei seiner Festnahme einen BKA-Beamten mit einem Messer angegriffen haben. Alle drei hätten mit der Führungsebene des Terrornetzwerks al-Qaida Kontakt gehabt.

Laut ZDF hätten die Ermittler zugegriffen, bevor die mutmaßlichen Attentäter mit dem Bau einer Bombe beginnen konnten. Einer der Anführer soll in einem Terrorcamp im Ausland ausgebildet worden sein. Nach Angaben der "Bild"-Zeitung kam das BKA den Verdächtigen durch Überwachung ihrer Handys und Computer auf die Spur. Zwei der Männer seien in der Nacht zum Freitag in Düsseldorf festgenommen worden, der dritte in Bochum. Bei dem Trio handele es sich um Abdeladim K. und Jamil S. aus Düsseldorf sowie um Ahmed Sh. aus Bochum.

Der Vorgang hatte beim Bundeskriminalamt den Decknamen "Komet". Bei der Observation habe die Polizei bemerkt, dass die drei Männer versuchten, mithilfe von Chemikalien Bomben zu bauen. Damit ähnele der Vorgang im Ablauf der Überwachung der sogenannten Sauerlandgruppe, die 2007 bei dem Versuch festgenommen worden war, Sprengstoff herzustellen. Im aktuellen Fall soll es allerdings um wesentlich kleinere Sprengstoffmengen gegangen sein, berichtet der SWR.

Nach Abendblatt-Informationen löste die Bekanntgabe, man habe mögliche Al-Qaida-Mitglieder festgenommen, in Kreisen von Terrorfahndern Verwunderung aus. Sollten sich die ersten Erklärungen bewahrheiten, wäre den Fahndern wohl ein großer Fang gelungen. Bisher in Deutschland bekannt gewordene Terrorverdächtige gehörten zwar meist Terrorgruppen an, die sich in ihrer Strategie und Ideologie an al-Qaida orientierten, beispielsweise die Islamische Bewegung Usbekistan (IBU) oder die Islamische Dschihad Union (IJU). Es handelte sich dabei aber nicht um Mitglieder der Kern-al-Qaida. Im vergangenen Jahr hatten allerdings die aus Deutschland ausgereisten und im Ausland festgenommenen Dschihadisten Rami M. und Ahmad Siddiqui vor Al-Qaida-Attentatsplänen in der Bundesrepublik gewarnt.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) gratulierte dem Bundeskriminalamt zu dem offensichtlichen Ermittlungserfolg. GdP-Vorsitzender Bernhard Witthaut sagte: "Wir sind erleichtert darüber, dass offenbar eine geplante Tat und damit möglicherweise Tote und Verletzte verhindert werden konnten. Das zeigt, dass die Gefährdungslage nach wie vor sehr hoch ist und die Ermittlungsbehörden personell und technisch gut aufgestellt sein müssen."