Welche Folgen hätte ein Stromausfall für Deutschland? Der Bundestag berät brisanten Bericht über einen möglichen Strom-Blackout.

Berlin. Nach der Warnung der großen Stromnetzbetreiber vor flächendeckenden Blackouts fordern die Grünen, die Datenbasis für die Befürchtungen offen zu legen. „Die Netzbetreiber müssen endlich ihre Datengrundlage veröffentlichen, ansonsten kann man ihre Aussagen nicht überprüfen“, sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn der Nachrichtenagentur dpa. Eine Studie der Uni Flensburg komme zu dem Schluss, dass es im Winter keine Probleme geben dürfte. Am Sonntag hatten die Übertragungsnetzbetreiber EnBW Transportnetze AG (Karlsruhe), 50hertz (Berlin), Amprion (Dortmund) und Tennet (Bayreuth) davor gewarnt, dass es bei einem dauerhaften Aus für bis zu acht Kernkraftwerke zu kaum noch beherrschbaren Situationen kommen könnte. Als Gründe nannten sie die geringere Menge von Solarstrom und Importe besonders im Winter.

„Für den Fall der fortgesetzten Reduzierung der gesicherten Erzeugungskapazität in Deutschland um rund 8000 Megawatt für den Zeitraum nach dem Moratorium, insbesondere für den kommenden Winter, gibt es in Deutschland aufgrund dann typischerweise geringerer Importmöglichkeiten speziell am Abend kaum noch gesicherte freie Erzeugungsleistung“, betonten die Betreiber.

Seit Sonnabend sind nur noch vier Atomkraftwerke am Netz, weil als fünftes AKW die RWE-Anlage Emsland für Wartungsarbeiten vom Netz ging. Zudem stehen im Zuge des dreimonatigen Moratoriums infolge der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima die sieben ältesten AKW sowie der Meiler in Krümmel still. Diese acht Kraftwerke könnten im Zuge des geplanten Atomausstiegs für immer stillgelegt werden.

Dank der Sonneneinstrahlung der letzten Tage konnte der Ausfall von 13 der 17 Meiler abgefedert werden, zudem importiert Deutschland verstärkt Atomstrom aus Frankreich und Tschechien sowie Kohlestrom aus Polen. Die Betreiber sehen die Gefahr eines plötzlichen Spannungsabfalls, wenn die Situation auf lange Sicht zur Regel wird. Um alle Leitungen nutzen zu können, damit Strom aus dem Ausland oder auch Windstrom von der Küste zu den Verbrauchern kommt, werden derzeit vielerorts anstehende Modernisierungsarbeiten verschoben.

Schon nach wenigen Tagen Stromausfall ist die flächendeckende Versorgung mit lebenswichtigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), die am Mittwoch in einer Sitzung von Innenausschuss und Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung beraten werden soll. Die Analyse hat aktuelle Bedeutung angesichts der Szenarien über die Sicherheit der Versorgung beim Atomausstieg. 2004 gab es bereits groß angelegte Übungen zum Verhalten bei großflächigem Stromausfall. Im Jahr darauf trat er tatsächlich ein, als im Münsterland mehrere Strommasten brachen. Auch das Elbehochwasser 2002 und der Sturm Kyrill 2007 sorgten für vergleichbare Szenarien.

Der TAB-Bericht ist die Grundlage der Erörterung im Bundestag. Zur Debatte steht die Frage, wie sich ein längerer Stromausfall auf die sogenannten Kritischen Infrastrukturen, also Einrichtungen für das Funktionieren elementarer Versorgungs- und Dienstleistungssysteme, auswirken könnte und wie Deutschland auf eine derartige Großschadenslage vorbereitet ist. Vielfach werde erwartet, dass derartige Großausfälle aufgrund der Gefahr von terroristischen Angriffen und Extremwetterereignissen als Ursachen für einen Netzzusammenbruch zunehmen werden, hieß es in dem Bericht.

Laut TAB würden sich schon nach wenigen Tagen „die Folgen eines lang andauernden und großflächigen Stromausfalls zu einer Schadenslage von besonderer Qualität summieren“, sprich: „Ein Kollaps der gesamten Gesellschaft wäre kaum zu verhindern.“ Grund dafür ist die „nahezu vollständige Durchdringung der Lebens- und Arbeitswelt mit elektrisch betriebenen Geräten“. (dpa/dapd)