Verband verweigert Mitarbeit an neuem Gesetz. Minister Norbert Röttgen hält angeblich brisantes Gutachten zum Atom-Ausstieg zurück.

Berlin. Die Ökostrombranche geht auf Konfrontationskurs zu Umweltminister Norbert Röttgen und lehnt eine Mitarbeit bei der Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) ab. Damit geht ein traditioneller Verbündeter des Umweltministeriums inmitten der Energiewende auf Distanz. Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) verzichte darauf, dem Ministerium eine Stellungnahme zu dem zentralen Gesetz für die Branche zu übermitteln, schreibt der Verband in einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Brief an Röttgen. Grund sei zum einen die äußerst kurz gesetzte Frist für die Beteiligung. Vor allem aber zähle die Tatsache, dass das Ministerium seit Jahren gewichtige Argumente zur Weiterentwicklung des EEG nicht aufgegriffen habe.

Die Pläne etwa für die Windkraft an Land oder die Marktprämie zum Direktverkauf von Ökostrom verschlechterten die Rahmenbedingungen für einen zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien. Der BEE werde zu einem späteren Zeitpunkt Änderungsvorschläge erarbeiten und diese an die Fraktionen, die Bundesländer und beteiligte Bundesressorts übermitteln.

Der BEE verweist auf zahlreiche Treffen und Veranstaltungen der vergangenen Jahre, die aber nicht zu einer Berücksichtigung der Positionen des BEE geführt hätten. Bislang galten die Umweltminister, egal welcher Partei, als wichtigste Verbündete der Branche. Zusammen mit dem Ministerium verteidigte man vor allem das EEG gegen Angriffe aus Industrie und von Wirtschaftspolitikern, da es die Basis für das Geschäftsmodell von Solar- oder Windstromfirmen bildet. Röttgen will zumindest Eckpunkte, besser aber das gesamte Gesetz, Anfang Juni im Kabinett beschließen lassen. Die Weichen für das Verfahren sollen am kommenden Wochenende von der Koalition gestellt werden.

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Röttgens Haus hält nach Informationen der „Berliner Zeitung“ eine Untersuchung des Umweltbundesamtes (UBA) zurück, nach der der vollständige Atomausstieg bis 2017 fast ohne Probleme möglich ist. Aus Kreisen des Ministeriums hieß es, Umweltminister Röttgen persönlich habe sich dafür eingesetzt, das Papier nicht an die Öffentlichkeit zu bringen. In Koalition und Regierung wird derzeit von den meisten schwarz-gelben Politikern ein Atomausstieg erst nach 2020 präferiert.

In einem Interview mit der Zeitung hatte UBA-Chef Jochen Flasbarth bereits einen Ausstieg bis 2017 für technisch möglich gehalten. Es müssten allerdings womöglich zusätzliche Gaskraftwerke gebaut werden, hatte Flasbarth erklärt. Das UBA ist dem Bundesumweltministerium zugeordnet. Bei den Grünen herrscht dem Bericht zufolge Empörung über die Regierung. Grünen-Energieexpertin Bärbel Höhn sagte: „Das Umweltministerium unterdrückt seit Wochen die Veröffentlichung einer umfangreichen Studie.“ Weder gebe es Probleme bei der Sicherung der benötigten Kapazitäten, noch würden die Strompreise im Falle eines schnellen Atomausstiegs nach oben schnellen. (rtr/dapd)