Wurde die 15-Jährige gegen ihren Willen verheiratet? Eine Senatsanfrage soll mögliche Fehler der Behörden klären.

Hamburg. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen gegen die Eltern der 15-jährigen Fatima aufgenommen, um zu klären, ob das Stellinger Mädchen tatsächlich in Berlin gegen seinen Willen verheiratet worden ist. Laut Sprecher Wilhelm Möllers lautet der Vorwurf auf Verletzung der Fürsorgepflicht und schwere Nötigung.

Wie berichtet, hatte die Gymnasiastin mit einer E-Mail an ihren Lehrer und SMS an einen Freund auf ihre Notlage aufmerksam gemacht. Sie werde in Berlin-Spandau festgehalten, solle einen 19-Jährigen heiraten. Die Polizei nahm das Mädchen in Obhut, über den Kinder- und Jugendnotdienst in Berlin und das Jugendamt Eimsbüttel gelangte das Kind zurück zu den Eltern - und landete postwendend wieder in Berlin, wo es in der Folge eine lange Familienfeier gegeben haben soll.

Am Dienstag sagte Fatima in einer polizeilichen Vernehmung, sie sei freiwillig in Berlin gewesen, es sei ihr weder Zwang angetan worden, noch habe es die Vollziehung einer Zwangsheirat gegeben. Für die Ermittlungsbehörden bleibt die Frage: Ist der plötzliche Sinneswandel auf Druck der Familie zustande gekommen? Oder handelte es sich bei den widersprüchlichen Angaben des Mädchens um die Launen einer Pubertierenden?

Und: Auf politischer Ebene wird zu klären sein, ob die Behörden genug getan haben, um eine Eheschließung unter Zwang, so es sie den gegeben hat, zu verhindern. Der SPD-Abgeordnete Andreas Dressel will die Vorgänge um den "Fall Fatima" mit einer Senatsanfrage erhellen. Dressel: "Es muss geklärt werden, ob alle Mechanismen gegriffen haben, die der Staat hat, um mögliche Zwangsehen zu verhindern."

Nach dem Tod der damals 16-Jährigen Morsal O., die von ihrem Bruder aus Gründen der Familienehre getötet worden war, hatte Sozialsenator Wersich angekündigt, dass Hamburger Behörden bei der Bearbeitung derartiger Fälle zukünftig immer vom schlimmsten Fall ausgehen sollten. Fatima war allerdings nach sehr kurzer Zeit schon wieder bei den Eltern - und in der Folge in Berlin. Jutta Schneider, Sprecherin des Bezirksamts Eimsbüttel, erklärt: "Beim Berliner Kinder- und Jugendnotdienst hat Fatima erklärt, dass sie wieder zu ihren Eltern will. In Hamburg hat unter anderem die Kinderschutz-Koordinatorin des Bezirks mit dem Mädchen und den Eltern gesprochen. Alle Beteiligten sind dabei zu der Überzeugung gelangt, dass eine Gefährdung des Kindeswohles nicht vorliegt."

Man habe, so die Sprecherin, bei dem Mädchen nicht den Eindruck gehabt, dass es unter Druck stehe. "Wenn das Mädchen glaubhaft darlegt, dass es nach freiem Willen handelt, dann können wir es nicht zwingen, das Gegenteil zu tun", so Schneider. Fatima hatte gesagt, sie wolle jetzt nach Berlin ziehen und dort ihre Schulausbildung beenden. Gegen den angeblichen Bräutigam Nebojsa R., 19, laufen nach Abendblatt-Informationen bislang keinerlei Ermittlungen.