Partei wählt heute Abend Landesvorsitzenden. Bundestagsabgeordnete Sylvia Canel fordert Amtsinhaber Rolf Salo heraus.

Hamburg. Heute Abend wählt die FDP ihren Landesvorstand, es scheint also höchste Zeit für eine Intrige. Das Backsteinhaus in der Spaldingstraße (Hammerbrook) mag geeignet sein dafür, rechtzeitig tauchte eine Bescheinigung auf, wonach der FDP-Bezirksabgeordnete Heinrich-Otto Patzer hier seinen einzigen Wohnsitz hat. Nicht zufällig ist dort die Firma von Parteichef Rolf Salo. Die Deutung lieferten interessierte FDP-Kreise mit. Patzer, gewählt als Bezirkspolitiker in Mitte, soll angeblich Deputierter der Wirtschaftsbehörde werden, um für Salos Unternehmen lukrative Informationen zu beschaffen. So der Vorwurf. Doch Heinrich-Otto Patzer ist jenseits der 70 Jahre und bewirbt sich nicht als Deputierter, wie er versichert. Verbürgt ist, dass er sich seit Jahrzehnten im Bezirk engagiert.

"Das ist ein großes Haus, und ich habe meinen Lebensmittelpunkt dort", sagte Patzer dem Abendblatt.

Die Geschichte scheint diffus genug, damit etwas hängen bleibt. Spionagevorwürfe und gebilligte Kollateralschäden, so ist nicht selten der Stil elbliberaler Machtkämpfe. Wenn heute Abend die Bundestagsabgeordnete Sylvia Canel den Amtsinhaber Rolf Salo herausfordert, haben sich die Lager längst formiert. Zwar haben die Liberalen mit ihrer Spitzenkandidatin Katja Suding einen Wahlerfolg erzielt und sind nach sieben Jahren in die Bürgerschaft zurückgekehrt. Aber alte Animositäten sind geblieben.

"Wir sagen Ja zum Neustart. Mit der Fraktion wird sich die Politik der FDP neu ausrichten", sagt Herausforderin Canel. "Ich stehe für einen anderen Politikstil. Ich arbeite integrativ und schließe niemanden aus." Das geht gegen Parteichef Salo. Der Unternehmer hatte seine Stellvertreterin Canel einst vom Posten der bildungspolitischen Sprecherin gestoßen und auch sonst kaum etwas unversucht gelassen, den beiden Bundestagsabgeordneten Canel und Burkhardt Müller-Sönksen das politische Leben zu erschweren.

Doch Canel gibt sich versöhnlich. "Mit mir als Landesvorsitzender wird es diese Konflikte nicht geben", sagt sie. Sie wolle Salo in die Parteispitze einbinden - etwa als Stellvertreter.

Amtsinhaber Rolf Salo, der mit Spitzenkandidatin Katja Suding die Liberalen wieder in die Bürgerschaft zurückbrachte, bewirbt sich mit dem Slogan "Never change a winning team". Seine Kandidatur ist weniger mit Inhalten verbunden als mit dem Versprechen, sich nur um den Landesverband zu kümmern. Interne Konfliktarbeit also statt neuer Machtkämpfe.

Sein Draht zu Suding, inzwischen Fraktionschefin, ist eng: "Ich kann versichern, dass d ie Zusammenarbeit sehr vertrauensvoll sein wird", sagte Salo. Der Unternehmer kündigt auch an, die neue FDP-Geschäftsstelle besser auszustatten. In der Vergangenheit hieß das oft, dass er selbst größere Spenden überwies, um Mitarbeiter einzustellen. "Das war teilweise notwendig", sagt Salo. "Künftig rechnen wir aber mit mehr Spenden der Hamburger."

"Ich sehe keinen Grund für einen Wechsel an der Spitze der Partei", sagt der FDP-Abgeordnete Carl-Edgar Jarchow, wichtiger Akteur des einflussreichen Kreisverbands Altona und aktueller HSV-Boss. Für Salo spreche, dass in seine zweijährige Amtszeit auch das gute Abschneiden der FDP bei der Bundestags- und der Europawahl falle. Inhaltliche Differenzen zwischen Salo und Canel können auch erfahrene Parteifreunde aktuell nicht ausmachen. "Da geht es zu 50 Prozent um persönliche Eitelkeit, bei der anderen Hälfte um Karriere", sagt ein Liberaler. Manche Parteifreunde unterstellen Canel, sie wolle mit ihrem Anspruch auf den Landesvorsitz ihre Ausgangsposition für die Bundestagswahl verbessern.

Vielen gilt als wahrscheinlich, dass die Elbliberalen nicht wieder mit zwei Abgeordneten in den Bundestag einziehen. Als nicht ausgeschlossen gilt auch, dass sich die von der FDP-Bundesspitze hofierte Suding für ein Berliner Mandat interessieren könnte.

Canel-Mitstreiter Müller-Sönksen wird erneut als Stellvertreter kandidieren. Nach Abendblatt-Informationen wollen sich auch der Altonaer Gerhold Hinrichs-Henkensiefken, die Rechtsanwältin Petra Wichmann-Reiß (Nord) und Klaus Fischer, FDP-Bezirksfraktionschef in Wandsbek, bewerben.