Gesundheitsminister Rösler gilt nun als Favorit für den FDP-Vorsitz. Kanzlerin Merkel spricht von “Einschnitt“

Berlin. Er hat lange gekämpft, doch am Ende war der Druck zu groß. FDP-Parteichef Guido Westerwelle hat gestern Abend angekündigt, beim Parteitag im Mai nicht erneut für das Amt des Vorsitzenden zu kandidieren. "Ich habe heute eine Entscheidung getroffen, die ich mir gut und gründlich überlegt habe", sagte Westerwelle. Nach zehn Jahren als Parteichef sei er "mit viel Herzblut" bei der Sache gewesen. Jedoch stehe eine ganze Anzahl von jungen Persönlichkeiten bereit, die Führung der Partei zu übernehmen.

In den letzten Tagen waren immer mehr Stimmen laut geworden, die einen Rücktritt Westerwelles gefordert hatten. Der mächtige Landesverband Baden-Württemberg unter FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger hatte sich gegen den Parteichef gestellt. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte appelliert, dass niemand an seinem Posten kleben solle. "Es ist ein besonderer Tag natürlich auch für mich selbst, aber ich bin mir sicher, dass es die richtige Entscheidung ist", sagte Westerwelle. Er kündigte an, sich künftig auf sein Amt als Außenminister konzentrieren zu wollen. Ob er auch seinen Posten als Vizekanzler behält, ließ Westerwelle offen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte diesen Schritt einen "Einschnitt", jedoch werde die Zusammenarbeit in der Koalition fortgesetzt. "Wir haben große Projekte vor uns", so die Kanzlerin. Westerwelle habe sie über seine Entscheidung im Laufe des Tages vorab informiert. Mit Blick auf Westerwelles Vizekanzlerschaft sagte Merkel, man müsse abwarten, was in der FDP weiter passiere.

FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte dazu, als Bundesaußenminister gehöre Westerwelle "weiter zum Team der FDP". Er habe in 17 Jahren an der Spitze als Generalsekretär und Vorsitzender Großes geleistet. Gesundheitsminister Philipp Rösler, der in der Partei als Favorit für die Nachfolge Westerwelles als Parteichef gehandelt wird, sagte, es sei gut, dass Westerwelle auch künftig "als Außenminister die Politik in Deutschland prägen wird". Zu seinen eigenen Ambitionen äußerte sich Rösler nicht.

Die Nord-Landesverbände der FDP würden eine Rösler-Kandidatur mehrheitlich unterstützen, ergab eine Abendblatt-Umfrage. "Ich gehe davon aus, dass Philipp Rösler antreten wird", sagte der Kieler FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. Bei der Sitzung des FDP-Präsidiums am heutigen Montag in Berlin sollen die Weichen für die Nachfolgeregelung gestellt werden.