SPD-Abgeordneter ist im Urlaub, verpasste die Scholz-Wahl. Nicht nur CDU-Politiker sprechen ihm den Überblick für das große Ganze ab.

Hamburg. Schon der Volksmund weiß: Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Wie sehr dies auf den SPD-Abgeordneten Frank Wiesner zutrifft, wird der wohl erst merken, wenn er aus seinem Urlaub aus Westafrika zurück ist. Der Spitzname "Togo-Frank" haftet ihm bereits seit Montag an, als er wegen seines Urlaubes in Afrika und eines verpassten Rückflugs nicht an der konstituierenden Sitzung der Bürgerschaft und der Wahl von Olaf Scholz zum Bürgermeister teilnahm. Wegen der knappen Mehrheit der SPD (62 Abgeordnete von denen 61 Ja-Stimmen für die Wahl benötigt wurden) mussten die Sozialdemokraten noch einmal zittern.

In Wiesners politischer Heimat Harburg witzeln nun die Abgeordneten der Opposition, dass der Verkehrsplaner Wiesner wohl Probleme damit habe, afrikanische Fahrpläne richtig zu lesen. Der Harburger SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung ist das Verhalten Wiesners peinlich. "Der war immer korrekt, ist immer pünktlich zu den Bezirksversammlungen erschienen", sagt der Harburger Fraktionsvorsitzende Jürgen Heimath. Auch soll er "kaum eine SPD-Veranstaltung" verpasst haben.

Seit 1990 ist Wiesner für die SPD aktiv. Zunächst bei den Harburger Jusos, trat er 1991 der Partei bei und war seit 1993 in der Harburger Bezirksversammlung aktiv - vor allem im Stadtplanungsausschuss.

Völlig unumstritten war der 43-Jährige bei seinen Abgeordnetenkollegen aber nicht. Von seiner Kompetenz seien nicht alle überzeugt gewesen. So sagt ein Ortspolitiker: "Der wäre besser in einer Unterabteilung vom Verkehrsausschuss aufgehoben." Nicht nur CDU-Bezirkspolitiker sprechen ihm den Überblick für das große Ganze ab. So sei er immer wieder belächelt worden, wenn er sich unter anderem für die ausreichende Beschilderung von Sackgassen und den Aushang von Fahrplänen an Bushaltestellen einsetzte, sich aber bei Großprojekten wie der Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße und dem Verlauf der Hafenquerspange zurückhielt.

Mit Erstaunen hatten viele Harburger Politiker reagiert, dass Wiesner unbedingt in die Bürgerschaft einziehen wollte - und bis zuletzt um seinen Sitz zitterte. Bezirksfraktionschef Jürgen Heimath kann sich auch deshalb nicht erklären, wieso Wiesner ausgerechnet zum Start der Bürgerschaft in den Urlaub gefahren ist.

Eine Tatsache, die auch SPD-Bürgerschaftsfraktionschef Michael Neumann noch immer nicht in den Kopf will. Er spricht in diesem Zusammenhang auch von Respekt vor dem Mandat und dem Parlament. Konkrete Folgen wird das Ganze für Wiesner eher nicht haben. "Ein Parteiausschlussverfahren wird es wohl nicht geben. Aber ein paar deutliche Worte werde ich ihm auf den Weg geben", so Neumann.

Frank Wiesner - wohl der Einzige, der die Situation aufklären könnte, war auch gestern in Togo nicht telefonisch zu erreichen.