Um 15 Uhr konstituiert sich die neue Hamburger Bürgerschaft. Wichtigster Tagesordnungspunkt: die Wahl von Olaf Scholz (52, SPD).

Hamburg. Ein Vormittag ohne Termine, so beginnt Olaf Scholz, 52, den heutigen Tag. Joggen gehen, einmal noch durchatmen, bevor es am Nachmittag soweit ist: Die Bürgerschaft tritt zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Scholz wird in der ersten Reihe der SPD-Fraktion sitzen. Von dort hat er einen guten Blick auf die Regierungsbank - und auf Christoph Ahlhaus, 41, der zum letzten Mal dort Platz nehmen wird. Der neue Bürgermeister wird dann erst am Ende der Sitzung gewählt.

Aber der Reihe nach: Um 15 Uhr eröffnet Jan Ehlers die Sitzung. Der Sozialdemokrat ist mit seinen 71 Jahren der Alterspräsident. Seine Aufgabe ist es, die Beschlussfähigkeit der 121 Parlamentarier festzustellen und über eine neue Geschäftsordnung abstimmen zu lassen. Wichtigste Änderung: Weil die FDP als fünfte Fraktion in der Bürgerschaft vertreten ist, müssen die Redezeiten neu verteilt werden. Danach wird es zum ersten Mal spannend: Der neue Bürgerschaftspräsident wird gewählt. Die SPD, der als stärkster Fraktion das Vorschlagsrecht zusteht, hat die Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt, 54, nominiert, die von 2001 bis 2004 schon einmal Bürgerschaftspräsidentin war. Allerdings ist unsicher, ob sie das Amt lange ausüben wird. Möglich ist auch ein Wechsel in den Senat. Die CDU schickt als Ersten Vizepräsidenten aller Voraussicht nach ihren bisherigen Fraktionschef Frank Schira, 46, ins Rennen.

+++ Jünger und weiblicher: Alle 121 Abgeordneten der Bürgerschaft +++

Anschließend werden die weiteren Vizepräsidenten gemeinsam gewählt. Die FDP hat Ex-Landeschef Wieland Schinnenburg, 52, nominiert, der von 2001 bis 2004 schon einmal in der Bürgerschaft gesessen hatte. Die GAL-Fraktion will ihren Kandidaten heute Mittag nominieren. Die Linke hat angekündigt, erstmal keinen Vorschlag machen zu wollen. "Wir sind eine kleine Fraktion und müssen noch über die Aufgabenverteilung entscheiden", sagte Fraktionsvizin Christiane Schneider. Auch die SPD will ihren Vizeposten, der ihr ebenfalls zusteht, erst auf der nächsten Sitzung am 23. April besetzen.

Nach der Präsidiumswahl übernimmt der neue Bürgerschaftspräsident und hält seine Antrittsrede. Dass die Sitzungsleitung nicht immer einfach sein wird, zeichnet sich schon jetzt ab. Die Linken sind unzufrieden mit der Sitzordnung, wollen anders als bislang ganz am linken Rand sitzen.

Voraussichtlich kurz nach 16 Uhr folgt als nächster Tagesordnungspunkt die Wahl des Bürgermeisters. Olaf Scholz ist der einzige Kandidat. Die Abgeordneten werden einzeln zu der geheimen Wahl aufgerufen von A wie Abaci bis Y wie Yildiz, verschwinden in der Wahlkabine, machen ihr Kreuzchen - das Ganze dauert etwa eine halbe Stunde. Wenn mindestens 61 der 121 Abgeordneten mit Ja gestimmt haben, ist Scholz nach Artikel 34 der Hamburgischen Verfassung gewählt. Die SPD-Mehrheit ist mit 62 Sitzen allerdings denkbar knapp - es darf höchstens einen Abweichler geben.

Ole von Beust hatte 2008 sogar Stimmen aus den Reihen der Opposition bekommen, 2004 aber auch Neinstimmen aus dem eigenen Lager. Direkt nach der Wahl wird Scholz vereidigt, mit erhobener rechter Hand wird er den Amtseid ablegen: "Ich schwöre es", eventuell auch mit dem Zusatz "so wahr mir Gott helfe". Dann ist Olaf Scholz Erster Bürgermeister, offizielles Bürokratenkürzel: BGMI.

Im Anschluss müssen einige Plätze getauscht werden: Ahlhaus verlässt den Bürgermeisterstuhl - nach nur 194 Tagen als Senatschef. Er sitzt dann als einfacher Abgeordneter in der CDU-Fraktion, wo Ex-Bürgerschaftsvize und Kurzzeitnachrücker Wolfgang Ploog seinen Stuhl für ihn räumen muss. Für Scholz rückt Andrea Rugbarth in die Fraktion. Den letzten Teil der konstituierenden Sitzung wird der neue Bürgermeister vermutlich allein auf der Regierungsbank sitzen. Denn der neue Senat soll erst am 23. März bestätigt werden. Eine absolute Mehrheit mit mindestens 61 Jastimmen ist dann nicht notwendig - es genügt, wenn es mehr Ja- als Neinstimmen gibt.

Scholz will auch erst bei dieser Sitzung seine erste Regierungserklärung abgeben.