Der Investmentbanker wird neuer Chef der Nordbank. Der Nachfolger von Dirk Jens Nonnenmacher soll das Vertrauen wiederherstellen.

Hamburg. Einen großen Vorteil hat der kommende Chef der HSH Nordbank: Paul Lerbinger ist beliebt bei seinen Leuten. Das berichten jedenfalls Mitarbeiter seines früheren Arbeitgebers Citigroup Deutschland in Frankfurt. Damit würde sich der Investmentbanker massiv von seinem Vorgänger abheben: Unter dem seit Ende 2008 amtierenden Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher war das Klima in der Bank vergiftet, geprägt von Misstrauen und Angst.

Und das lag nicht nur daran, dass der 47-Jährige sich erst in der Endphase seines Wirkens um Kommunikation mit seinen Mitarbeitern bemüht hat. Nonnenmacher, der zeitweise ein ganzes Heer an externen Beratern um sich geschart hatte, hat mit Mitarbeitern, denen er nicht vertraute, stets kurzen Prozess gemacht. Gleich drei Staatsanwaltschaften - Hamburg, Kiel und New York - ermitteln inzwischen, ob die dabei angewandten Methoden mit dem Gesetz in Einklang standen.

+++ Zwischenruf: Hauptsache skandalfrei +++

In zwei spektakulären Fällen - dem angeblichen Geheimnisverrat von Vorstand Frank Roth und den Kinderpornovorwürfen gegen den New Yorker Ex-Filialleiter Roland K. - musste die HSH Nordbank bereits klein beigeben. Als der Verdacht aufkam, ob die jeweils involvierte Sicherheitsfirma Prevent möglicherweise sogar in Hamburg Politiker bespitzelt hat, war das Vertrauen der Politik in Nonnenmacher, gegen den die Staatsanwaltschaft zudem wegen des Verdachts der Untreue und der Bilanzfälschung ermittelt, erschöpft.

Aufsichtsratschef Hilmar Kopper betonte zwar stets, dass kein Vorwurf gegen den Vorstandschef bewiesen sei und er ihn deshalb nicht einfach entlassen könne. Dennoch beschlossen die Kontrolleure gestern in Hamburg, das Kapitel Nonnenmacher in der HSH Nordbank am 31. März 2011 zu schließen. Der Mathematikprofessor erhält zwar keine Abfindung, aber die ihm aus seinem bis Oktober 2012 laufenden Vertrag zustehenden Bezüge - nach Abendblatt-Informationen etwa 2,1 Millionen Euro. Vom 1. März an, dann tritt Lerbinger in den Vorstand ein, soll er seinen Nachfolger noch einarbeiten. Auf diesen "geordneten Übergang" soll Kopper viel Wert gelegt haben.

Nicht ausgeschlossen wird, dass auch der immerhin 75 Jahre alte Aufsichtsratschef selbst im Laufe des Jahres seinen Hut nimmt - aber nur, wenn er seine Aufgabe als erfüllt betrachtet. Es ist die Tragik am Aufstieg und Fall des Dirk Jens Nonnenmacher, dass dieses Ziel 2011 erreichbar scheint. Nach dem 2,8-Milliarden-Euro-Verlust in 2008 hatte er die Verluste schon 2009 massiv eingedämmt (679 Millionen Euro), und im laufenden Jahr machte die HSH phasenweise wieder Gewinn. Die Erwartung ist, dass sie 2011 schwarze Zahlen schreibt und 2012 wieder Dividende zahlt. Dieses von Nonnenmacher bestellte Feld wird dann allerdings Paul Lerbinger ernten, der einen Vertrag bis Februar 2014 erhält. Spätestens in dem Jahr sollen Hamburg und Schleswig-Holstein einer Auflage der EU zufolge mindestens Teile ihrer 85,5-Prozent-Beteiligung an der HSH abgeben.

Lerbingers Name stand nach Abendblatt-Informationen von Anfang an auf Koppers Liste - zusammen mit zwei anderen Kandidaten. Der Doktor der Bankbetriebslehre arbeitete unter anderem bei der Deutschen Bank unter dem damaligen Vorstandschef Kopper. Lerbinger begann seine Karriere 1984 bei BMW in der Finanzabteilung, wechselte aber bald in die Bankenwelt. Seine Stationen: J.P. Morgan, S.G. Warburg, Deutschlandchef des Investmentbankings bei der Deutschen Bank und zuletzt Cochef für das deutsche Investmentbanking bei der US-Großbank Citigroup, wo er im September auf eigenen Wunsch ausgeschieden war.

"Er hat immer sein eigenes Ding gemacht", sagt ein Weggefährte. Schon vor seinem Rückzug machte Lerbinger sich in Frankfurt zunehmend rar und ließ sich selten bei öffentlichen Veranstaltungen blicken.

Das dürfte sich in seinem neuen Job ändern. Bei der überwiegend staatlichen HSH Nordbank muss Lerbinger einerseits durch seriöses Auftreten das Vertrauen in die Bank wiederherstellen, andererseits das Bedürfnis von Politik und Öffentlichkeit nach Transparenz und Kommunikation stillen. Branchenkenner vermuten, dass es gerade diese schwere Aufgabe ist, die den bislang in zweiter Reihe stehenden Lerbinger gereizt hat.

"Wenn er das meistert, wäre es für ihn ein Karriereschritt", sagt ein HSH-Kenner über Paul Lerbinger und seine neue Aufgabe. "So einen Job hat er bislang noch nicht geschafft." Ein Geschenk ist der neue Arbeitsplatz für Lerbinger in jedem Fall - er feiert heute seinen 55. Geburtstag.