HSH-Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher weist die Vorwürfe in der Spitzelaffäre zurück. Es handele sich um “Gerüchte und Halbwahrheiten“.

Hamburg. Aus Raum "Elbe II" im achten Stock der HSH-Nordbank-Zentrale kann man wunderbar den Blick über die Dächer der Hamburger Innenstadt schweifen lassen. An diesem Freitag Ende August trüben jedoch graue Wolken den Weitblick, der Dauerregen klatscht an die großen Fenster. Dirk Jens Nonnenmacher scheint dieses Wetter bestellt zu haben, es unterstreicht seinen Gemütszustand.

Wie der aussieht, wird deutlich, als der Vorstandschef um 10.06 Uhr durch die getäfelte Tür den Raum betritt. Nonnenmacher wirkt blass und mitgenommen, aber konzentriert. Er kommt sofort zur Sache. Eigentlich wollte er heute ja über den ersten Quartalsgewinn seit knapp zwei Jahren reden. Stattdessen spricht er über "perfide Vorwürfe", er sei "erschüttert". Die "Gerüchte und Halbwahrheiten" um eine Spitzelaffäre seien "schwer erträglich".

Die Frage, die auch Nonnenmacher an diesem Tag nicht beantwortet, ist nur, was denn Gerüchte sind, was Halbwahrheiten und was Wahrheiten.

Fest steht, dass der HSH-Aufsichtsrat im April 2009 den damaligen Vorstand Frank Roth fristlos rauswarf und wegen Geheimnisverrats anzeigte. Auf der Suche nach einem Leck in der Führungsetage hatte Nonnenmacher vier Vorstandskollegen markierte Dokumente zukommen lassen, und das an Roth soll später bei einer englischen Zeitung aufgetaucht sein. Der HSH-Chef hält den Rauswurf immer noch für "inhaltlich und formell" einwandfrei. Im Übrigen würden auch in anderen Gremien Unterlagen individualisiert. "Man kann es mit Namenszügen machen, man kann es anders machen", so Nonnemacher. "Das sind alles rechtmäßig einwandfreie Verfahren."

Fest steht aber auch, dass die Staatsanwaltschaft Kiel die Ermittlungen einstellte, weil sie keinerlei Beweise für Roths Schuld fand, und dass sie jetzt gegen Verantwortliche der HSH ermittelt, weil sie es für möglich hält, dass Roth Opfer einer Intrige wurde. Gesichert ist auch, dass der Ex-Vorstand juristische Schritte vorbreitet.

Der Rest ist Grauzone. Arndt U., ein Ex-Sicherheitsberater der Bank, soll gegenüber Betriebsratschef Olaf Behm eingeräumt haben, Roths Büro verwanzt zu haben. Auch habe er das Schreiben nach England geschickt, nicht Roth. So steht es in einem Protokoll, das Behm von dem Gespräch anfertigte, das er Aufsichtsratschef Hilmar Kopper schickte und das zu Ermittlungen gegen Arndt U. führte. Dem Protokoll zufolge soll HSH-Justiziar Wolfgang Gößmann in die Aktion involviert gewesen sein - er untersteht direkt Nonnenmacher.

Fraglich ist aber, ob stimmt, was in dem Protokoll steht. Arndt U. hat die Aussagen revidiert und beschuldigt Behm, ihn falsch wiederzugeben. Obwohl Gößmann beurlaubt wurde, hält Nonnenmacher diese zweite Version für glaubhafter, er selbst habe mit der Sache ohnehin nichts zu tun: "Ich habe niemals derartige Aufträge erteilt und hätte ein derartiges Vorgehen niemals gebilligt." Der Vorstandschef verhehlt auch kaum, wie es um sein Verhältnis zum Betriebsratschef bestellt ist. Wer "ungeprüft geäußerte Verdachtsmomente" breit streue, nehme die Beschädigung der Bank in Kauf. Das gehe für ihn "bis zur Grenze des Erträglichen - und weit darüber hinaus".

Die Bank unterstütze die Aufklärung ausdrücklich. Derartig widersprüchliche Vorwürfe, so Nonnenmacher, "dürfen nicht ungeklärt im Raum stehen bleiben." Als der HSH-Chef um 11.22 Uhr geht, bleibt Raum "Elbe II" dennoch voller Widersprüche. Und draußen regnet es immer noch.