Gegen Carsten Frigge gerichtete Vorwürfe belasteten die Amtsgeschäfte. Er ist vermutlich in die Mainzer Spendenaffäre verwickelt.

Hamburg. Als die drei zu diesem Zeitpunkt mächtigsten Hamburger CDU-Politiker am Mittwochmorgen um 9 Uhr im Rathaus zusammenkamen, wussten sie, dass die Kräfteverhältnisse am Abend nicht mehr die gleichen sein würden. Zwei Stunden lang diskutierten Partei- und Fraktionschef Frank Schira, Finanzsenator Carsten Frigge und Bürgermeister Christoph Ahlhaus in dessen Büro nur ein Thema: den Rücktritt des affärengeplagten Finanzsenators.

Dabei stand das Ergebnis längst fest: Frigge war entschlossen, seinen Hut zu nehmen, und Ahlhaus und Schira würden ihrem Parteifreund keine Steine in den Weg legen. Dem Trio war klar, dass die gegen Frigge persönlich gerichteten Vorwürfe seine Amtsführung schwer belasteten und weiter belasten würden. Und: Auch für den Senat insgesamt und die CDU ist der Fall Frigge eine schwere Hypothek.

Da ist zum einen Frigges Verstrickung in die Mainzer Parteispendenaffäre. Als Unternehmensberater hatte er mit seiner Firma C4 die CDU-Landtagsfraktion beraten und dafür 386.000 Euro kassiert. Das Problem: Es ging dabei möglicherweise um ein Wahlkampfkonzept für die Mainzer CDU, also die Partei, nicht die Fraktion. Wenn das so wäre, was Frigge bestreitet, dann würde es sich um illegale Parteienfinanzierung handeln. Die Mainzer Staatsanwaltschaft ermittelt jedenfalls gegen Frigge wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue. Anfang Mai waren Frigges Wohnungen in Hamburg und Berlin durchsucht worden. Razzia bei einem Senator - ein Novum.

+++ Dossier: Hamburg muss sparen, sparen, sparen +++

Vor wenigen Tagen erst hatte der Noch-Senator Akteneinsicht in seinem Fall bei der Ermittlungsbehörde erhalten. Vielleicht weiß Frigge jetzt genauer, was auf ihn zukommt und wie die Beweislage der Staatsanwaltschaft aussieht. Auch politisch ist die Sache in Rheinland-Pfalz noch nicht ausgestanden: Am 13. Dezember muss Frigge vor dem Untersuchungsausschuss des Landtages aussagen.

Doch das war nicht alles: In den zurückliegenden Wochen war bekannt geworden, dass der Geschäftsführer einer Tochterfirma von C4 mit einer weiteren Firma die HSH Nordbank beraten hatte. Auch wenn Frigges Firma mit dem Auftrag nichts zu tun hatte, wurde öffentlich suggeriert, Frigge sei gegenüber der Skandalbank, deren Mehrheitseigentümer Hamburg und Schleswig-Holstein sind, voreingenommen.

+++ Dossier: Frigge und die Parteispenden-Affäre +++

Wer den Finanzsenator vor zwei Wochen in der Bürgerschaft beobachtet hat, dem fiel auf, wie angefasst er von den persönlichen Vorwürfen war, als SPD-Oppositionschef Michael Neumann mit markigen Worten seinen Rücktritt forderte. Beinahe etwas matt fiel seine eigene Verteidigung aus. Es war unübersehbar: Frigge wirkte zum ersten Mal angeschlagen. Verschlimmernd kam hinzu, dass er aus den Reihen der CDU kaum Unterstützung erhielt. Sowohl Ahlhaus als auch Schira schwiegen. Das war vielleicht der Wendepunkt. Frigge musste das Gefühl haben, ihm fehle die Unterstützung der Top-Leute.

In dem zweistündigen Gespräch mit Ahlhaus und Schira machte Frigge gestern Morgen deutlich, wie wichtig ihm der Zeitpunkt der Demission war. Mit fast preußischer Pflichterfüllung wollte er den wesentlichen Teil seiner Arbeit am Doppelhaushalt 2011/12 erledigen. Das ist mit der gestrigen Einbringung des Haushaltsplanentwurfs in die Bürgerschaft geschehen. Jetzt haben die Abgeordneten das Wort.

Frigges harter Sparkurs war auf starke öffentliche Kritik gestoßen. Und mindestens einmal hatten Ahlhaus und Schira die Kürzungspläne des Senators durchkreuzt. Nach massiven Protesten waren die Einsparungen bei der Kultur abgemildert oder zeitlich gestreckt worden. Auch die geplante Zusammenlegung der bezirklichen Tiefbauabteilungen wurde nach massivem Protest der CDU-Bezirkspolitik gestoppt. Schon läuft die Debatte darüber, ob die steigenden Steuereinnahmen nicht für die eine oder andere Wohltat genutzt werden können. Der Koalitionspartner GAL macht durchaus Druck in diese Richtung, und auch in der Union mehren sich solche Stimmen.

Auch wenn Ahlhaus gestern in der Bürgerschaft ausdrücklich betonte, dass es beim Konsolidierungskurs bleibe - hier kamen Frigge Zweifel. Seit dem Rücktritt Ole von Beusts begehren vor allem die Grünen immer häufiger auf, betonen durch markige Worte ihre Eigenständigkeit und verquicken in Senatsvorbesprechungen gern Haushaltsentscheidungen mit Fragen nach Vorwürfen gegen Frigge. Auch die Frage, ob Hamburg die freiwillig auferlegte Schuldenbremse nur von 2013 auf 2015 verschiebt oder auf das gesetzlich vorgeschriebene Jahr 2020, ist in der Koalition umstritten. Und Frigge wusste: Je näher die Wahl Anfang 2012 rückt, desto härter wird das Ringen zwischen CDU und GAL in solchen Fragen. So eine Situation als öffentlich angeschlagener und von der CDU-Führung nur halbherzig gestützter Finanzsenator zu meistern, das schien Frigge unmöglich - also ging er.