Ein Gutachten des Senats empfiehlt, das Fernwärmenetz in der Hansestadt zügig von Kohlekraft auf Erdgas umzurüsten.

Hamburg. Der schwarz-grüne Senat geht erneut auf Konfrontationskurs zum Energiekonzern Vattenfall. Im Gespräch ist eine Umstellung des Hamburger Fernwärmenetzes, das mit 1200 Kilometern zu den längsten Europas zählt. Ein Gutachten des Senats empfiehlt, zügig von Steinkohle auf kleinere Erdgas-Heizanlagen umzustellen - dieser Zwischenschritt zu regenerativen Energien sei wichtig, um die verkündeten Ziele zum Klimaschutz zu erreichen. Pikant: Vattenfall will das im Bau befindliche Kohlekraftwerk in Moorburg 2012 ans Wärmenetz anschließen. Zuletzt gab es heftige Widerstände gegen den Bau der Trasse, die zunächst durch den Gählerpark in Altona verlaufen sollte.

"Es ist unsere Aufgabe, Gespräche mit Vattenfall aufzunehmen", sagte Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL). Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth erwiderte: "Das Fernwärmenetz hat in Hamburg lange Tradition und wurde politisch gefördert. Wir müssen also über Rahmenbedingungen sprechen." Man wolle das Gutachten nun prüfen.

Vor mehr als 100 Jahren wurde das System eingeführt, das Rathaus gehört seitdem zu den ersten Kunden. Nicht jeder Haushalt sollte eigene Öfen befeuern, auch zum Brandschutz. Auf 140 Grad erhitztes Wasser saust unter Hochdruck durch die Röhren. Vattenfall stellt 80 Prozent der Energie zur Verfügung, die größtenteils aus Steinkohle stammt. Neben den Kraftwerken in Wedel und Tiefstack soll Moorburg künftig gut ein Drittel der erforderlichen Wärme beisteuern. Jeder fünfte Haushalt ist an dieses Netz angeschlossen, der Anteil am derzeitigen CO2-Ausstoß der Stadt liegt bei acht Prozent.

"Wir sind verwundert, dass die umweltfreundliche Fernwärme in den Fokus rückt, nicht aber konventionelle Öl- und Gasheizungen", sagte ein Konzernsprecher. Zumal der Konzern auch ein Biomasse-Heizkraftwerk in Altona plane. Bislang galt Fernwärme als eher umweltschonendes Nebenprodukt der Stromproduktion durch Steinkohle. Das ist unter Experten aber umstritten und auch ideologischer Streit. Befürworter dieser "Kraft-Wärme-Kopplung" sagen, die schädlichen Emissionen müssen auf die Elektrizität, nicht die Hitze bilanziert werden. Moorburg soll größtenteils Strom für die energiehungrige Hafenwirtschaft bereitstellen, aber eben auch Wärme verkaufen.

Andere Experten sagen, darunter die Gutachter der Umweltbehörde, diese Rechnung sei geschönt: Um größere Mengen an Fernwärme zu gewinnen, müsse erheblich mehr Kohle verfeuert werden, was reichlich CO2 in die Luft pustet. Diese Messmethode empfiehlt auch das Bundesministerium für Umwelt, gesetzlich ist ein bestimmtes Verfahren aber nicht vorgeschrieben.

Bei Vattenfall zeigt man sich überrascht, dass das Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung nun "grundsätzlich infrage gestellt" werde. Alexander Porschke, Chef des Naturschutzbundes, sagt dagegen: "Das Gutachten zeigt, dass es der falsche Weg ist, Fernwärme aus Steinkohle zu produzieren." Kleinere Gas- und Holzkraftwerke seien besser, wie auch das Vorbild Stockholm zeige. Dort sitzt auch der Konzern Vattenfall.

Der Senat will bis 2020 den CO2-Ausstoß der Stadt um 40 Prozent reduzieren. Davon sei man noch weit entfernt, sagt das Gutachten. Empfehlung ist auch, den Autoverkehr einzudämmen - was eine City-Maut auf die Agenda setzt. Der Senat versicherte, "Mobilitätskonzepte nur mit Bürgerbeteiligung" zu entwickeln. Sie sehe eine City-Maut zwar skeptisch, sagte CDU-Umweltexpertin Birgit Stöver, dennoch müsse sie geprüft werden. "Zeigt sich, dass sie ökologische Verbesserung bringt, müssen wir das vorantreiben."