Die SPD und Walter Scheuerl könnten von den schwarz-grünen Spannungen profitieren.

Hamburg. Nach dem Verzicht auf eine Koalitionsaussage von CDU und GAL zugunsten des jeweils anderen bemühen sich die schwarz-grünen Koalitionäre darum, die Wogen zu glätten. "Es ist selbstverständlich, dass jeder mit seinen eigenen Positionen in den Wahlkampf geht. Es gibt aber keinen Entfremdungsprozess zwischen CDU und GAL", sagte der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg.

Doch gleichzeitig meldeten sich die vermeintlichen Profiteure schwarz-grüner Turbulenzen zu Wort. "Wir werden der lachende Dritte bzw. der lachende Fünfte sein", sagte FDP-Landeschef Rolf Salo mit ungewohnt bescheidener Einschränkung. Für den Liberalen ist klar: "Die einzige Chance der CDU besteht darin, jetzt ihr Profil gegenüber den Grünen zu schärfen. Sie muss an die GAL-Biotope ran." Salo denkt dabei an die Stadtbahn.

In der möglichen Entfremdung von CDU und GAL sieht noch ein anderer seine Chance: Walter Scheuerl, über dessen Pläne zur Gründung einer Partei der bürgerlichen Mitte das Abendblatt am Freitag berichtet hatte . Scheuerl wäre gewissermaßen der lachende Sechste. "Es wird immer deutlicher, dass der Bedarf für eine politische Alternative bei den Hamburgern wächst", sagte der Rechtsanwalt. "Die Koalition wird zusehends planlos." Scheuerls neue Partei wäre sozialliberal ausgerichtet, mit einem Schwerpunkt auf Wirtschaft und innere Sicherheit - wobei stets großer Wert auf die Bürgerbeteiligung gelegt werden würde.

GAL-Landeschefin Katharina Fegebank verteidigte den Verzicht auf eine Koalitionsaussage. "Es kann nicht sein, dass wir uns jetzt als Appendix der einen oder anderen Partei begreifen", sagte Fegebank. "Es ist richtig, sich derzeit nicht auf eine Fortführung des Bündnisses festzulegen", sagte auch GAL-Vize-Fraktionschefin Antje Möller. Das sei zu diesem Zeitpunkt jedoch normales Verhalten und bedeute nicht, dass die Zusammenarbeit mit der Union nicht fortgeführt werden soll.

Der GAL-Abgeordnete Andreas Waldowsky bezieht sich auf die aktuelle Stimmung in der Bevölkerung: "In Umfragen gibt es keine Mehrheit für Schwarz-Grün. Schon deshalb würde es keinen Sinn machen, sich auf dieses Bündnis jetzt festzulegen." Klar sei, dass hinter den Kulissen um das Sparpaket gerangelt werde. "Aber das ist normal und noch nicht krisenhaft."

Auch aufseiten der CDU wird kein Öl ins Feuer gegossen. "Nach solchen Sparbeschlüssen ist das Verständnis nicht immer einfach. Einen Riss zwischen uns und der GAL kann ich aber nicht erkennen", sagte der CDU-Abgeordnete Robert Heinemann. Für Koalitionsaussagen sei es noch ein bisschen früh. "Ich kann keine Entfremdung feststellen, in meinem Bereich arbeite ich gut mit der GAL zusammen. Beide Parteien müssen im Hinblick auf ihre Klientel natürlich ihre Erfolge herausstellen", sagte der CDU-Abgeordnete Klaus-Peter Hesse. Und sein Fraktionskollege Stephan Müller betonte: "Nach wie vor haben wir in einigen Bereichen eine andere Auffassung, aber wir begegnen uns weiterhin auf Augenhöhe."

Auch in den Bezirken setzen Schwarze und Grüne auf eine Fortsetzung ihrer Zusammenarbeit. "Mein Eindruck ist, dass die Atmosphäre zwischen CDU und GAL unverändert ist. Wenn gespart wird, gerät man automatisch aneinander. Das bedeutet aber nicht, dass sich das schwarz-grüne Bündnis entfremdet hat", sagte die Wandsbeker GAL-Bezirksabgeordnete Astrid Boberg.

Philip Buse, Fraktionschef der Wandsbeker CDU-Fraktion, sieht es ähnlich: "Auf Bezirksebene gibt es einen netten Umgang. Das Verhältnis zwischen CDU und GAL hat sich nicht abgekühlt."

Der Eimsbütteler CDU-Bezirksabgeordnete Jan Meyer fragt sich, welchen Vorteil die GAL jetzt von einer Koalitionsaussage hätte: "Ich sehe keinen." Es gebe keine Abweichung von der Koalitionstreue. "Das Verhalten, das an den Tag gelegt wird, ist ganz normal."