Die Polizei darf kein Geld für ihre Kernaufgaben nehmen, sagt der Verfassungsrechtler Ulrich Karpen. Die Gebühr soll 40 Euro betragen.

Hamburg. Verfassungsrechtler haben große Zweifel, dass die Polizei eine Gebühr für Verkehrsunfälle erheben darf, wie sie der Senat plant. Professor Ulrich Karpen spricht sich eindeutig gegen eine derartige Gebühr aus. Der ehemalige Bundesverteidigungsminister und Staatsrechtler Rupert Scholz hält die rechtliche Umsetzung einer derartigen Idee für "höchst kompliziert".

Wie berichtet, hat der Senat in dieser Woche im Zuge der Sparmaßnahmen beschlossen, dass Autofahrer in Hamburg künftig Geld dafür zahlen sollen, wenn sie nach Unfällen mit Blechschäden die Polizei gerufen haben. Etwa 40 Euro soll die Gebühr betragen. Sie soll nach dem Willen der Politiker von der Kfz-Versicherung des Verursachers übernommen werden. Bei rund 60 000 Bagatellunfällen jährlich verspricht sich der Senat so Mehreinnahmen von etwa 2,4 Millionen Euro. Schwerere Unfälle, etwa mit Verletzten, blieben von der Gebühr ausgenommen. Vorbild sei Österreich, wo diese Regelung gängige Praxis sei.

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Die ehemaligen CDU-Politiker Karpen und Scholz ziehen ihre Zweifel an dem Modell aus den grundsätzlichen Aufgaben der Polizei. "Die Aufnahme von Unfällen ist eine ihrer Kernaufgaben", sagte Staatsrechtler Karpen dem Abendblatt. "Dafür darf sie nicht bezahlt werden." Zudem handele es sich bei Unfällen stets um Ordnungswidrigkeiten. "Und diese gehören zum Strafrecht. Dafür ist nun mal die Polizei zuständig." Eine Gebühr sei daher unzulässig.

Auch Rupert Scholz sieht Probleme bei der Einführung einer Unfallgebühr. Zwar liege eine Sachbeschädigung zunächst einmal im Privatrecht. Dafür sei die Polizei in der Tat nicht zuständig, sagte Scholz dem Abendblatt. "Es ist aber hoch kompliziert, dass sich dieses bei einem Unfall so klar von der allgemeinen Pflicht der Polizei, nämlich für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu sorgen, abgrenzen lässt." Er habe Bedenken, dass sich die Idee für die Gebühr auch tatsächlich rechtspraktisch umsetzen lassen könne.

Die Innenbehörde, die nun die Mehreinnahmen mittels einer neuen Verordnung umsetzen muss, hat naturgemäß weniger Zweifel an der rechtlichen Machbarkeit der Unfallgebühr. "Es geht tatsächlich nur um Bagatellunfälle, die im Verwarngeldbereich liegen", sagte Behördensprecher Ralf Kunz. Gemeint seien leichte Auffahrunfälle durch Unachtsamkeit, eine der Hauptunfallursachen in Hamburg. Durchschnittlich eine Stunde brauchten zwei Polizisten, einen derartigen Blechschaden aufzunehmen. "Da arbeiten die Beamten nur für die Versicherung", so Kunz. "Bei einem Verwarngeld von 30 Euro stimmt da das Verhältnis nicht mehr." Deswegen sollten sich die Versicherungen auch an den Kosten beteiligen.

Ob sie das aber auch machen, ist nicht ausgemacht. Wir haben da noch keine abschließende Beurteilung vorgenommen, weil wir die rechtlichen Details zu der Gebühr noch nicht kennen", sagte Christian Lübke, Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Grundsätzlich bräuchte bei kleineren Schäden von bis zu 500 Euro die Polizei nicht gerufen zu werden. Es reiche, Fotos zu machen und sich den Führerschein zeigen zu lassen und Kennzeichen, Namen, Adresse und Versicherungsnummer zu notieren. In jedem Fall muss die Polizei aber bei Verletzten gerufen werden.

Innenbehördensprecher Ralf Kunz ergänzt: "Sobald man ein ungutes Gefühl beim Unfallgegner hat, sollte ebenfalls der Notruf gewählt werden."