Ortwin Runde gibt Ratschläge zum angemessenen Wirtschaften

Mein Senat hat 2000/2001 einen ausgeglichenen Betriebshaushalt hinterlassen. Auf der Basis dieser Erfahrungen kann ich einige Voraussetzungen aufzeigen, wie der Weg zu einem angemessenen Wirtschaften und zum vernünftigen Umgang mit Steuergeld wieder eingeschlagen werden kann.

1. Sparen ist kein Event Deswegen muss sich zunächst der Senat in einem intensiven internen Diskurs neu über seine mittelfristigen Ziele verständigen. Ein Auftritt vor dem Überseeclub, bei dem einzelnen Behörden die Existenzberechtigung abgesprochen wird, verbietet sich. Ebenso öffentliche Fantastereien zur Abschaffung der Bezirksamtsleiter. Sparen ist eine Geistesleistung: Es ist die Bringschuld des Senats. Entscheidend ist, die Haushaltslage für die Öffentlichkeit glaubwürdig und transparent darzustellen. Das heißt: Aufdeckung der Belastungen aus Sonderhaushalten (z. B. Hafen) und Sondervermögen (Schulen), aber auch Offenlegung der Bedingungen, zu denen Immobilien verkauft und zurückgemietet wurden, oder Verbindlichkeiten, die etwa der Saga aufgebürdet wurden. Oder die ehrliche Darstellung der Vermögensverluste (lt. Rechnungshof 3-4 Milliarden Euro) und Risiken bei der HSH-Nordbank.

2. Sparen ist eine Führungsaufgabe Auf Basis der intern gewonnenen Erkenntnisse und Notwendigkeit muss das gesamte Gemeinwesen an dem Prozess beteiligt werden. Handels- und Handwerkskammer, Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbände - sind Betroffene des Sparprozesses und kompetente Ansprechpartner. Sie sind guten Willens und dem Gemeinwohl verpflichtet. Voraussetzung ist Offenheit, Fairness und soziale Gerechtigkeit. Am Ende muss es eine von allen Beteiligten getragene Vorstellung über Sparbeiträge und die Gestaltung des Gemeinwesens geben. Ein striktes Controlling sollte in der Senatskanzlei angesiedelt werden. Daraus würde deutlich, dass der Finanzsenator ein Dienstleister des Senats zu sein hat, dass der Erste Bürgermeister die Richtlinienkompetenz hat: Sparen ist eine Führungsaufgabe.

3. Sparen heißt Vorbild sein Zur Psychologie von Politik gehört es, Vorbild zu sein. Das Verhalten des Senats weicht davon ab. Wer mit Millionen von Steuer-Euros Strohfeuer-Events in die Stadt holt, wer Kosten für Staatsprojekte à la Elbphilharmonie nicht in den Griff bekommt, wer 2000 neue (nicht erkennbar wirksame) Verwaltungsstellen schafft, wird nicht ernst genommen als jemand, der mit den Steuergeldern sorgfältig umgeht, kann nicht höhere Steuern und Gebühren durchsetzen.

4. Sparen heißt Verbündete finden In Berlin wird aufmerksam registriert, wie Hamburg wirtschaftet. So lange für Prestigeobjekte dreistellige Millionenbeträge vorhanden sind, kann Hamburg in Berlin keinen Staat machen. Hinzu kommt, dass seit den unsäglichen Schill-Auftritten im Bundestag ein massiver Renommee-Verlust der Hamburger Politik auf Bundesebene eingesetzt hat. Der Senat hat über fast eine Dekade Hamburgs Einfluss in Berlin marginalisiert. Die Provinzialisierung der Hamburger Politik ist eines der wesentlichen Probleme, positive Entscheidungen auf der Bundesebene, etwa in der Steuerpolitik, aber auch bei der Elbvertiefung, Hafenanbindung und anderen Zukunftsprojekten herbeizuführen.