Nur 12.281 Läufer starteten an der Reeperbahn. Reformen am Programm und mehr Spitzenathleten könnten für neuen Zulauf sorgen.

Hamburg. Für Dienstagabend hat Frank Thaleiser, der Geschäftsführer des Hamburger Leichtathletik-Verbandes (HLV), Präsidium und Verbandsrat zu einer außerordentlichen Sitzung geladen. Wichtigster Tagesordnungspunkt: die Zukunft des Hamburger Marathons. Diskussionsbedarf besteht nach der 26. Austragung am Sonntag allemal. Nur 12.281 Läufer starteten um neun Uhr an der Reeperbahn, 4185 weniger, als sich in den vergangenen acht Monaten angemeldet hatten. Das ist die schlechteste Beteiligung an Hamburgs größter Laufveranstaltung seit 1998. Damals starteten knapp 11.000 (2010: 15 174). Auch die Zahl der von der Polizei grob geschätzten Zuschauer an der 42,195 Kilometer langen Strecke hat abgenommen: 770.000. Im Vorjahr sollen es 850.000 Menschen gewesen sein.

"Unser Ziel für die nächsten Jahre muss es sein, in Hamburg regelmäßig 20.000 Leute an den Start zu bringen", sagt Thaleiser. Das ist eine ambitionierte Vorgabe. Mehr als die 18 243 Teilnehmer im Jahr 2005 waren es an Elbe und Alster nie. Damals lag der Marathon noch im Lauftrend. Die Gesamtzahl der Finisher bei den 164 deutschen Marathon-Veranstaltungen, also derjenigen, die ins Ziel kamen, belief sich vor sechs Jahren auf rund 150 000. Seitdem ist sie kontinuierlich rückläufig.

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117.000 wurden im vergangenen Jahr im Ankunftsbereich registriert. Da gerade Breitensportler mehrere Läufe im Jahr angehen, dürfte der harte Kern der Ausdauersportler in Deutschland 50.000 bis 60.000 Personen betragen. Das ist eine schmale Basis für Großveranstaltungen, die wie der Haspa-Marathon rund 2,5 Millionen Euro kosten, eine schwindende dazu. Der Marathonläufer wird im statistischen Durchschnitt älter, Nachwuchs fehlt in der nötigen Breite. Jene, die aufhören, werden unzureichend von Jüngeren ersetzt.

Thaleiser sind diese Fakten bekannt. Dennoch glaubt er an die Zukunft des Hamburger Marathons. Zwei Dinge, sagt er, seien für die Entscheidung eines Marathonis ausschlaggebend, wo er läuft. Das sei erstens die Attraktivität der Stadt und des Kurses, zweitens die mediale Bekanntheit der Zugpferde. Das können Prominente oder Weltklasseläufer sein. In Hamburg mangelt es seit Jahren an Promis wie an Spitzenläufern. Argument eins und zwei, weiß der Geschäftsführer des Leichtathletik-Verbandes und Athleten-Manager, bedingen einander. Die Schönheiten der Stadt werden nur dann durch Fernsehbilder in die Welt getragen, wenn die Zeiten der Sieger auch weltweites Interesse wecken. "Wir werden keinen Weltrekordler für eine halbe Million Euro plus entsprechende Konkurrenz einkaufen können, wir sollten aber in der Lage sein, mehrere Leute nach Hamburg zu holen, die Spitzenzeiten klar unter 2:10 Stunden bei den Männern oder 2:25 Stunden bei den Frauen laufen können", fordert Thaleiser. Das koste zwar einige Hunderttausend Euro, die seien jedoch gut investiert. "Die wunderschönen Marathon-Bilder des NDR sieht im Augenblick doch nur jene lokale Minderheit, die ohnehin weiß, wie schön Hamburg ist."

Matthias Neumann ist der Chef der Agentur Act, die den Marathon veranstaltet. Sie hat bis 2014 einen Vertrag mit dem HLV plus Option auf weitere drei Jahre. Auch Neumann sagt: "Wir müssen und werden den Marathon entwickeln. Dazu werden wir uns in den nächsten Wochen mit Experten beraten." Die Einführung eines Halbmarathons in das Hauptrennen ist umstritten, die Aufnahme von Staffelwettbewerben scheint dagegen konsensfähig. "Ein Halbmarathon macht langfristig den Marathon kaputt. Am Ende laufen alle nur die halbe Strecke", sagt Thaleiser. Stattdessen will sich der HLV um die deutschen Halbmarathon-Meisterschaften 2012 bewerben. Termin wäre der 1. April, vier Wochen vor dem 27. Hamburg-Marathon am 29. April 2012.

Einig sind sich Neumann und Thaleiser, dass die Stadt und deren Marketing-Gesellschaft stärker in das Ereignis eingebunden werden sollten. "Wir haben Starter aus 80 Nationen, aber keine TV-Bilder in 80 Ländern. Die Fernsehsignale über Satellit zu versenden kostet kleines Geld", sagt Neumann. Hamburg und der Marathon würden von der steigenden Bekanntheit profitieren. Die Marathonläufer lassen schließlich schon jetzt bis zu 30 Millionen Euro in der Stadt.