Doppelerfolg für Äthiopien durch Shentema und Sado, Koch und Volke werden deutsche Meister

Neustadt. Fakja Hofmann kam zu spät ins Ziel. Nicht dass sie mit ihren 2:53:18 Stunden und Platz drei bei der deutschen Meisterschaft unzufrieden gewesen wäre. Aber ein paar Minuten früher hätte die aus Äthiopien stammende Regensburgerin den Organisatoren aus der Klemme helfen können. So aber stand Renndirektor Wolfram Götz im Pollentreiben neben den äthiopischen Siegern Gudisa Shentema (2:11:03) und Fatuma Sado (2:28:30) und vor der Frage, wie er ihnen einige Worte zum größten Erfolg ihrer Karriere entlocken könnte. Keiner der beiden ist einer europäischen Sprache mächtig. Die eigentlich obligatorische Siegerpressekonferenz wurde wegen akuter Sprachlosigkeit kurzfristig abgesagt.

"Es ist manchmal zum Weinen", stöhnte Götz, "das kommt davon, wenn jemand gewinnt, den man nicht auf dem Zettel hat." Auf der Favoritenliste freilich, die vom Veranstalter selbst im Vorfeld ausgegeben wurde, waren beide Namen sehr wohl vermerkt: Shentema, 30, kam mit der Empfehlung einer Bestzeit von 2:07:34, die nur eine beziehungsweise zwei Sekunden langsamer ist als die der kenianischen Topfavoriten Wilfred Kigen und Rodgers Rop. Die beiden früheren Hamburg-Sieger mussten das Rennen frühzeitig aufgeben - wegen Problemen mit der Oberschenkelmuskulatur, wie es hieß.

Sado wurde auf der Liste der schnellsten Frauen als Debütantin aufgeführt. Ein Klick in die Statistiken des Leichtathletik-Weltverbands IAAF hätte darüber aufgeklärt, dass die 19-Jährige am 16. Januar beim Mumbai-Marathon in 2:33:39 als Siebte ins Ziel gelaufen ist. Wenn man dann noch gewusst hätte, dass Sado Anfang April in Frankreich ihre Halbmarathon-Bestzeit auf glänzende 1:09:02 Stunden gesteigert hat, wäre ihre starke Vorstellung jedenfalls keine Überraschung gewesen.

Die Siegerzeiten ordnete Götz angesichts der Wärme und des teils böigen Windes als "völlig in Ordnung" ein: "Besonders mit der Frauenzeit müssen wir uns überhaupt nicht verstecken." Positiv fiel auch sein Fazit der deutschen Meisterschaften aus, die erstmals seit 1999 wieder im Rahmen des Hamburg-Marathons ausgetragen wurden. Bei den Männern hatte Stefan Koch schon nach 20 Kilometern nur noch sich selbst zum Gegner - und hätte diesen Kampf beinahe verloren: "Bei Kilometer 40 hatte ich einen Zusammenbruch und dachte schon, es ist vorbei." Irgendwie schleppte sich der Braunschweiger doch noch in 2:20:39 ins Ziel und schwärmte von einem "unbeschreiblichen Gefühl". Ähnlich muss es der neuen Meisterin Steffi Volke aus Regensburg ergangen sein, die bei ihrem dritten Marathon in 2:51:23 triumphierte: "Ich bin überglücklich, auch wenn die Topläuferinnen nicht dabei waren."

Auf die Kritik von Bundestrainer Ronald Weigel, die Titelkämpfe seien nur zweitklassig besetzt, reagierte Götz ungehalten: "Vielleicht sollte Herr Weigel mal über seinen Geher-Tellerrand hinausschauen. Wir haben ein exzellentes Feld, das im Großen und Ganzen dem Leistungsstand in Deutschland entspricht." Von der nationalen Elite der Frauen etwa habe lediglich Irina Mikitenko gefehlt. "Aber die läuft in einer eigenen Liga."