Primarschule sei ein “Standortnachteil für Gesundheitsmetropole Hamburg“, heißt es in einem Brief. Schulbehörde weist Befürchtungen zurück.

Hamburg. 47 Hamburger Ärzte in leitenden Positionen machen Front gegen die Schulreform. "Die Primarschule ist ein Standortnachteil für die Gesundheitsmetropole Hamburg", heißt es in einem Brief, mit dem die Hamburger aufgefordert werden, bei dem Volksentscheid am 18. Juli gegen die Schulreform zu stimmen. Zugleich zeigt eine aktuelle Befragung des AGA Unternehmensverbands, dass rund zwei Drittel der Geschäftsführer, die an der Blitzumfrage teilnahmen, die Reform ablehnen.

Grafik: Würden Sie für oder gegen die Senatspläne stimmen?

Zu den Unterzeichnern des Ärztebriefs gehören unter anderen Professor Dr. Eckhard Goepel (Mammazentrum Hamburg), Dr. Dirk Heinrich (Präsident des Berufsverbands der HNO-Ärzte), Professor Dr. Thomas Meinertz (Ärztlicher Direktor der Kardiologie/Angiologie am UKE) und der frühere Senator und Ärztekammer-Präsident Professor Dr. Rolf Bialas.

"Die verpflichtende Einführung der sechsjährigen Primarschule ist eine Insellösung innerhalb Deutschlands", sagte der Initiator Dr. Torsten Hemker, ärztlicher Geschäftsführer der Facharztklinik Hamburg, dem Abendblatt. Hemker war auch als Unterschriftensammler für die reformkritische Elterninitiative "Wir wollen lernen" unterwegs. Angesichts des zunehmenden Ärztemangels, so befürchtet er, könnte die Reform fatale Folgen haben. Junge Fachärzte könnten davon abgehalten werden, sich in Hamburg zu bewerben, weil sie bei einem späteren Umzug in ein anderes Bundesland Nachteile für ihre Kinder befürchteten. Probleme sehen die Unterzeichner des Briefs auch bei Berufungen von hoch qualifizierten Medizinern als Professoren und Chefärzte. Gerade diese Familien wünschten sich Gymnasien etwa mit altsprachlichem Schwerpunkt ab Klasse 5.

Die Schulbehörde wies die Befürchtungen gestern zurück. Vorgaben der Kulturministerkonferenz stellten sicher, dass Schülern bei einem Wechsel zwischen Bundesländern keine Nachteile entstünden. "Das Grundmissverständnis: In der Primarschule lernen die Kinder nicht weniger - sie lernen einfach nur gemeinsam", sagte die Sprecherin Brigitte Köhnlein gestern.

Bei den Mitgliedern des AGA Unternehmensverbands gibt es eine deutliche Mehrheit gegen die Schulreform. Das hat eine nicht repräsentative Umfrage des Verbands ergeben, in dem mehr als 3000 Groß- und Außenhändler sowie Dienstleister in den fünf deutschen Küstenländern organisiert sind. Danach wollen 65,4 Prozent der Teilnehmer an der Blitzumfrage im Juli gegen die Schulreform stimmen. Der AGA Unternehmensverband hatte 899 Mitgliedsfirmen in Hamburg befragt. 168 Geschäftsführer, Personalchefs und Ausbildungsleiter haben geantwortet. 28,3 Prozent wollten für die Reform stimmen, 6,3 Prozent sind noch unentschlossen.

Verbandspräsident Hans Fabian Kruse wertete die Zahlen als "klares Votum gegen die Pläne des Senats, die Schulstrukturen unter hohem Zeitdruck komplett umzubauen". Anlass für die Blitzumfrage des Unternehmensverbands war eine Psephos-Meinungsumfrage zu diesem Thema, die das Hamburger Abendblatt in der vergangenen Woche veröffentlicht hatte. Danach gibt es zurzeit keine Mehrheit in der Bevölkerung für die Schulreform des Senats.