Der zehn Jahre alte Elektroauto Saxo “Electrique“ hat Lothar Ruschmeyer noch nie im Stich gelassen

Harburg. "Watt" für ein Spaß - der kleine türkisfarbene Citroen fährt fast lautlos, hängt beim Ampelstart manche große Limousine ab und verbraucht gerade mal so viel Strom auf 100 Kilometer Strecke, wie zwei Liter Benzin kosten. Für Lothar Ruschmeyer (81) ist das Fahren mit Strom die selbstverständlichste Sache der Welt. Seit zehn Jahren sind der Rentner, seine Frau Elsbeth (83) und Sohn Thomas (50) mit ihrem kleinen Elektroauto glücklich.

Was erst seit kurzem in der Automobilbranche als Technologie der Zukunft propagiert wird, ist für Familie Ruschmeyer aus Heimfeld schon seit zehn Jahren der automobile Alltag. Fahren, Batterien aufladen, fahren. Die Tankstelle erblickt das französische Elektroauto nur selten - genauer dann, wenn der Reifendruck geprüft werden muss oder Benzin für die Heizung nachzufüllen ist. Letzteres erfolgt einmal im Jahr. Wer die Ruschmeyers fragt, wie viel Benzin ihr Stromer verbraucht, bekommt die verblüffende Antwort: "Zehn Liter, aber pro Jahr."

Mit Tempo 98 über die Autobahn

Gefahren wird rein elektrisch, die insgesamt 20 Batterien sitzen vorn im Motorraum und hinten unter der Ladefläche. Ihre Kapazität beschränkt die Reichweite - 80 bis 90 Kilometer sind üblicherweise drin, der Rekord liegt bei 136 Kilometern.

Rekorde lesen sich auch bei der erreichbaren Höchstgeschwindigkeit eher relativ: 98 Kilometer pro Stunde soll der Saxo "Electrique" schaffen, den der französische Hersteller Citroen vor rund zehn Jahren in Kleinserie baute, und der neu mal 44 000 Mark gekostet hat.

An Steigungen fehlt ihm aber manchmal die Kraft, da kann es passieren, dass man mit Tempo 70 aus dem Elbtunnel rollt - drängelnde Lastwagen tauchen ganz groß im Rückspiegel auf. Die steigende Luftverschmutzung mit dem Klimawandel als Folge und die knapper werdenden Ressourcen scheinen in absehbarer Zeit das Ende der Ära der fossilen Brennstoffe einzuläuten.

Wie es dann weitergeht mit der individuellen Mobilität, das ist für Lothar Ruschmeyer schon heute klar: Zu deutlich wiegen für ihn die Vorteile des Elektroantriebs - zumal die Ruschmeyers mit der Solaranlage auf dem Dach ihres Hauses in Hamburg-Heimfeld auch gleich noch selbst sauberen Strom erzeugen.

Das Elektroauto kennt keine Verschleißteile

"Wir haben das Auto jetzt zehn Jahre, haben in dieser Zeit keinen neuen Auspuff benötigt und keine Kupplung." Kunststück, kommen Elektroautos doch ohne diese Verschleißteile aus. Reinsetzen, den Schlüssel umdrehen und losfahren - so einfach ist das, fürs Rückwärtsfahren gibt es einen Knopf im Armaturenbrett. Der Schalthebel entfällt, und an der Ampel zischt der kleine Stromer zwar fast lautlos, aber dafür umso eindrucksvoller los, manchem Fahrer größerer Autos bleibt da nur das Nachsehen. Er ist dann aber schnell wieder dran.

Allerdings beschränkt sich der Aktionsradius auf die nähere Umgebung - hauptsächlich für Fahrten zum Einkaufen wird das Zukunftsauto aus der Garage gerollt. Während das elektrische Fahren für Lothar und Elsbeth Ruschmeyer eine so alltägliche Selbstverständlichkeit ist, dass ihnen die Problemlosigkeit der Technik immer wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubert, engagiert sich Sohn Thomas darüber hinaus bundesweit für das Thema. Der 50-Jährige setzt sich für die flächendeckende Einführung der Stromautos ein.

Heimfelder fühlen sich wie Technikpioniere

Der Bundesverband Solare Mobilität, dessen Vorsitzender er ist, startet gerade den Aufbau eines eigenen Netzes von Stromtankstellen. Eine Million Elektroautos könnten 2020 über Deutschlands Straßen rollen und damit Kosten und Emissionen senken, sagen Schätzungen von Experten. Lothar, Elsbeth und Thomas Ruschmeyer dürfen sich schon heute als Technikpioniere fühlen.