Klaus Meyer, 51, hält die Zügel seines Kutschbetriebes fest in der Hand und ist Vorsitzender des Vereins der Heidekutscher.

Zahrensen. Die Fahrt mit Pferd und Wagen durch die Heide gehört für Tagesausflügler und Urlauber einfach dazu. Doch der Einsatz der Heidekutschen ist für die Betriebe ein reines Saisongeschäft - was gut geht, sind Themenfahrten. Deshalb macht sich einer der Großen der Branche, der Kutschenunternehmer Klaus Meyer, 51, aus Zahrensen, intensiv Gedanken über die Zukunft der Heidekutschen.

Meyer ist Vorsitzender des Vereins der Heidekutscher, dem 20 Mitglieder angehören. Selbst setzt er in und um Schneverdingen in der Hauptsaison bis zu 18 Kutschen gleichzeitig ein - "früher waren es 25". Bis zu 30 Kilometer legen die Pferdegespanne pro Tag zurück.

Doch in der Heide ist vieles anders geworden: Der Mensch habe sich verändert, es gehe nur noch um die Highlights. Besucher kämen zwar zur Heideblüte her, aber vorher und nachher kaum. So ist auch die Saison der Kutscher kurz - "vom 8.8. bis zum 9.9.", sagt Meyer. Außerdem wollten die Kunden "nicht einfach nur durch die Heide fahren".

Um den veränderten Ansprüchen zu genügen, bietet er für jeden Tag in der Woche eigene Thementouren an: Schäfer-, Imker-, Butterkuchen- oder Grilltour. Für die Gestaltung des Tourenprogramms und für Organisatorisches ist im Familienunternehmen Meyers Ehefrau Bettina, 46, zuständig. Die zweistündigen Fahrten kosten ab 11,50 Euro pro Person, für Kinder gibt es Touren schon ab fünf Euro. Für den Winter hat Klaus Meyer jetzt einen Pferdeschlitten gekauft.

Dass in Schneverdingen seit dem Frühjahr Auffangbehälter für die Pferdeäpfel Pflicht sind, sieht Meyer inzwischen positiv. Früher sei er ein Gegner dieser Vorrichtungen gewesen, die im Volksmund auch "Windeln" genannt werden, doch andererseits sparen sie Kosten: Früher waren jeden Abend zwei Mitarbeiter zwei Stunden lang damit beschäftigt, die Hinterlassenschaften der Kutschpferde einzusammeln. Dass die Optik der blauen Behälter gewöhnungsbedürftig ist, räumt er ein, "aber es funktioniert einfach". Doch die Pferdeäpfel sind nicht das einzige Konfliktpotenzial. Im Straßenverkehr hätten es die Kutscher häufig mit rücksichtslosem Verhalten von Autofahrern zu tun, sagt Meyers Tochter Anna-Lena, 23, die die väterliche Begeisterung für Pferde und Kutschen geerbt hat: "Wir warten, bis alle weg sind, bevor wir abbiegen". Das sei das Sicherste.

Um die Unfallrisiken so weit wie möglich zu minimieren, setzt Meyer auf eine fundierte Ausbildung - und zwar für Mensch und Tier. Darüber hinaus seien moderne Fahrzeuge mit leistungsfähigen Bremssystemen und die richtige Wahl der Pferde wichtig. Um Tiere mit optimalen Eigenschaften zur Verfügung zu haben, züchtet Meyer selbst Kaltblutpferde und bildet sie auch aus.

"Denken wie ein Pferd, dann kann man Unfälle verhindern", sagt Meyer. Um die Ausbildung kümmert er sich zusammen mit Tochter Anna-Lena und mit Sohn Steffen, 19. Wenn die Pferde dann "alles können und Lust aufs Arbeiten haben", ist der Chef zufrieden. Klaus Meyer sitzt bei besonderen Anlässen noch selbst auf dem Kutschbock - so beim Heideblütenfest, wenn er die Schneverdinger Heidekönigin im großen Festumzug mit dem Vierspänner zum Festplatz auf dem Höpen fährt.

Als einzige Einnahmequelle reicht der Kutschbetrieb heute nicht mehr aus. "Wenn man denkt, dass man früher mal davon gelebt hat", sagt Meyer. Auch heute gebe es noch Kollegen, die das versuchten. Er selbst sei "vor zehn Jahren dafür ausgelacht worden, dass ich noch andere Jobs daneben habe".

Inzwischen geht es gar nicht mehr anders, auf Meyers Hof in Zahrensen werden auch fremde Pferde ausgebildet, eine Kutschen-Fahrschule gibt es ebenso wie den Handel mit Stallsystemen, gebrauchten Kutschen und Geschirren, eine Deckstation mit Schleswiger Kaltblut-Hengsten, Apartments für den Reiturlaub sowie Seminare zur Pferdegesundheit. Klaus Meyer hat eine Ausbildung und Prüfung zum Pferdedentalpraktiker absolviert und behandelt seit einigen Jahren in ganz Deutschland Pferde am Gebiss.

Bei aller Vielseitigkeit ist der Kutschbetrieb aber doch Tradition. So freut sich Meyer über einen Großauftrag: Die Ferienanlage Eurostrand in Fintel hat bei ihm gebucht - von März bis November werden Eurostrand-Gäste mit Meyer-Kutschen Heidetouren unternehmen.