Harburger SPD will Trinkerraum nach Kieler Modell einrichten

Harburg. Während CDU und Grüne zögerten, einen sogenannten Trinkerraum nach Kieler Modell auf den Weg zu bringen, um der Szene auf dem Rathausplatz zu begegnen, haben Harburgs Sozialdemokraten keine Bedenken. "Bisher können wir den Alkoholikern in Harburg keine Hilfe anbieten. Gleichzeitig ist es Bürgern und Geschäftsleuten aber nicht mehr zuzumuten, jeden Tag zu ertragen, was sich auf dem Rathausplatz abspielt. Es muss etwas geschehen", sagt Jürgen Heimath, Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Bezirksversammlung.

Die Genossen haben allerdings noch von anderer Seite Handlungsdruck in Sachen Trinkerszene: Der Freizeitverein an der Knoopstraße, der dort den Containerplatz betreibt und bei dem sich ebenfalls Alkoholabhängige treffen, muss in Zukunft Bebauungsplänen weichen. "Das ist ein begehrtes Baugrundstück und soll in Zukunft entsprechend vermarktet werden." Wohin also mit dem Verein? "Die Einrichtung wird täglich von mehr als 50 Besuchern genutzt. Sie wird in Eigenhilfe betrieben. Die jährlichen Betriebskosten in Höhe von bis zu 15 000 Euro werden von der Sozialbehörde und der Bezirksversammlung getragen", so Heimath. Ein neuer Standort soll gefunden werden.

Heimath hat sich das Kieler Modell, das Café Sofa, betrieben vom gemeinnützigen Verein "Hempels", schon mal angeschaut. Seit kurzem gibt es eine zweite Einrichtung im Problemstadtteil Kiel-Gaarden. "Das Projekt hat sich also bewährt. Und warum sollte das in Harburg nicht auch klappen?", fragt sich Heimath. Bestandteil der Kieler Einrichtungen ist es auch, den Betroffenen Hilfen anzubieten - wenn sie es denn wollen. Sozialarbeiter kümmern sich in dem Fall nicht nur um Wege aus der Sucht, sondern schauen sich die Lebenssituation der Person an, helfen bei der Job- und bei der Wohnungssuche.

"Das sind doch Perspektiven für diese Menschen. Diese Möglichkeiten bietet der Freizeitverein den Leuten nicht", sagt er. Sozialbehörde und Verwaltung sollen laut Antrag der SPD nun prüfen, inwieweit die Kieler Ansätze auf Harburger Verhältnisse übertragbar sind. Allerdings herrscht in Kieler Grünanlagen und auf öffentlichen Plätzen Alkoholverbot, in Gegensatz zum Harburger Rathausplatz. Wer regelmäßig geistige Getränke zu sich nimmt, darf im Café Sofa montags bis sonntags, jeweils von 9 bis 15 Uhr, Bier und Wein trinken. Die Kneipenatmosphäre ist für Außenstehende nicht leicht zu ertragen. Die Initiatoren setzen auf Einsichtsfähigkeit der Besucher. In Harburg sollen Sozialarbeiter motivieren.

Heimath: "Wir sehen, dass das Projekt 'ZuArbeit', das sich mittels Finanzen der EU darum kümmern soll, die Rathausplatzklientel für den Arbeitsmarkt fit zu machen, längst nicht so viele Betroffene erreicht, wie gewünscht." Für ihn ein Grund mehr, das Thema Trinkerraum intensiv zu diskutieren. "Denkbar wäre, 'ZuArbeit" in ein neues Konzept zu integrieren", sagt der Fraktionschef.

Egal, wie die Gespräche verlaufen werden, eines ist für ihn klar: "Es darf nicht allein der Polizei überlassen werden, mit der Situation auf dem Rathausplatz fertig zu werden."