Innensenator Michael Neumann spricht im Phoenix-Center von “repressiven Maßnahmen“

Harburg. Er ist für die Null-Promillegrenze, für Null-Toleranz mit betrunkenen Gewalttätern und für einen ehrlichen Umgang mit dem Thema Alkoholabhängigkeit: Innensenator Michael Neumann (SPD) war zu Gast im Hamburger Phoenix-Einkaufszentrum und informierte sich mit Bezirksamtsleiter Torsten Meinberg über Therapieangebote und Anlaufstellen für Betroffene im Hamburger Süden.

Anlass ist eine Aktionswoche unter dem Motto "Alkohol? Weniger ist besser!", die noch bis zu diesem Wochenende von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) bundesweit ausgerichtet wird. Nach Erkenntnissen der DHS konsumieren rund 9,5 Millionen Deutsche regelmäßig Alkohol, davon gelten 1,3 Millionen als abhängig. Jeder fünfte Mann und fast jede sechste Frau trinken zu viel. Das Konsumverhalten ist zu hoch und zu risikoreich - vor allem bei Erwachsenen, nicht nur bei Jugendlichen, deren Trinkexzesse häufig beklagt werden. Es sind Erwachsene, die die schlechten Vorbilder abgeben, und Erwachsene, die die Alkoholwerbung machen - für rund eine Milliarde Euro jährlich. "Deshalb halten wir das Phoenix-Center für geeignet, hier können wir Besucher aller Altersgruppen auf das Problem aufmerksam machen", sagt Cornelia Mertens von der Suchtkrankenhilfe Hamburg.

Im Erdgeschoss haben Ehrenamtler, die bei Suchthilfeorganisationen tätig sind, unter anderem eine Saftbar aufgebaut. Die Polizei zeigt im Rahmen einer Simulation, wie gefährlich es ist, sich nach dem Genuss von ein paar Glas Wein ans Steuer zu setzen.

Aktionen, die Innensenator Michael Neumann wichtig für die Sensibilisierung der Harburger findet. "Alkohol ist Volksdroge Nummer eins, da gibt es nichts zu verniedlichen. In Hamburg sind 100 000 Menschen abhängig von Schnaps, Wein und Bier. Das ist eine unglaubliche Zahl", sagt Neumann.

In Harburg sind Alkoholsüchtige im Stadtbild sehr präsent. "Ich weiß um das Problem im Hamburger Süden", sagt Neumann im Gespräch mit dem Abendblatt. Kurz bevor der Innensenator seine Ansprache im Shoppingzentrum hält, taumelt ein sichtlich betrunkener Mann in Richtung Seeveplatz, geht weiter bis zum Tunnel und trifft sich dort mit weiteren Trinkern. Auch auf dem Rathausplatz lassen die Besucher die Bierflaschen kreisen.

Weshalb die Veranstaltung nicht gleich auf dem Platz stattfindet, um die vielen Angetrunkenen auf Hilfsangebote aufmerksam zu machen? "Das hätten die vielleicht als Provokation empfunden", sagt Meinberg. Er habe sich stattdessen mit seinen Dezernenten zusammengesetzt und sich dazu entschlossen, grünes Licht dafür zu geben, das Projekt "ZuArbeit", das die "Rathausplatzbesetzer" dazu motivieren soll, wieder eine Beschäftigung aufzunehmen, in die Verlängerung gehen zu lassen. "Ich erwarte einen gewissen Erfolg", so der Verwaltungschef. Er sei dafür, "mit den Menschen zu sprechen". Neumann ist skeptisch. "Ich habe mit der SPD-Fraktion vor Ort diskutiert. Hilfe muss gewährleistet sein, aber wenn das nichts fruchtet, muss gehandelt werden." Der Rathausplatz sei für alle Harburger da "und nicht nur für eine gewisse Gruppe. Es wird repressive Maßnahmen geben", sagt der Innensenator und berichtet, dass Alkohol ein Thema ist, dass Feuerwehr und Polizei erheblich beschäftigt.

"Alkoholisierte Menschen werden gewalttätig, greifen Polizeibeamte und Feuerwehrhelfer an. Das ist nicht nur auf der Reeperbahn der Fall, sondern in allen Hamburger Stadteilen." Auch im Straßenverkehr nehme die Anzahl jener Unfälle, bei denen der Fahrer betrunken war, zu. 756 Unfälle und 1800 Strafanzeigen im Zusammenhang mit Alkohol habe es laut Kriminal-Statistik gegeben. "Ich bin für die Null-Promille-Grenze", so Neumann.

Doch auch in S-Bahnzügen gibt es regelmäßig Zoff mit betrunkenen Fahrgästen, die andere belästigen. "Im Laufe des Sommers werden entsprechende Verträge mit der Bahn unterschrieben. Dann werden einige Wochen später die ersten Bahnwachen ihren Dienst antreten. Ein festes Datum gibt es allerdings nicht." Ebenso wenig sicher ist, wie viel zusätzliches Personal Harburger Polizeikommissariate erhalten. "Die Polizei soll erst einmal Konzepte erarbeiten", sagt Neumann.

Unterdessen äußert sich auch Schauspieler Harald Maack ("Notruf Hafenkante"), der als Botschafter der Anti-Alkoholwoche für die DHS auftritt, zum Thema: "Ich bin in einem Dorf aufgewachsen und habe miterlebt, wie es ist, wenn Menschen morgens anfangen zu trinken." Ein Bild, das Torsten Meinberg jeden Tag von seinem Bürofenster vor Augen hat.