Die Generation der “Silver Surfer“ bildet noch immer eine Minderheit. Ein Buchholzer Verein will das ändern

Buchholz. Zu Beginn wusste er nicht einmal, wie man einen Computer anschaltet. Das ist nun zwei Jahre her. Inzwischen hat Harald Heuer die Berührungsängste mit dem Daten-Ungetüm abgelegt und kann über seine Anfangsschwierigkeiten nur noch müde lächeln. Wie jeden Donnerstag sitzt der 75-Jährige im Computerraum der Realschule Am Kattenberge und lauscht wissbegierig den Anweisungen von Marvin Kahlfelt. Der Schüler der Klasse 7a leitet dieses Mal den Unterricht des "Fördervereins Computerbildung, Senioren Computertraining e. V." und wollte eigentlich über das Thema "Online-Banking" referieren. Doch wie das mit der Technik manchmal so ist: Ausgerechnet heute "streikt" das Internet.

Marvin muss umdisponieren und erteilt den aufmerksamen Herrschaften des Kurses erst einmal eine Lektion in Sachen "Paint". Das PC-Programm ist nur eines von vielen, das in den Unterrichtsstunden des seit 2008 bestehenden Fördervereins behandelt und erlernt wird. Den Initiatoren geht es darum, der interessierten Generation "50 Plus" einen sicheren und vor allem einfachen Umgang mit PC und Internet zu vermitteln. "Deshalb freuen wir uns auch sehr, dass wir im Unterricht auf das Wissen der Buchholzer Realschüler zurückgreifen können", sagt der Vereinsvorsitzende Manfred Grimm.

Rund 140 Mitglieder gehören dem Förderverein inzwischen an. Sie alle lernen von engagierten Schülern, die im Rahmen des Projekts "PC-Jung- & Alt-Kurse" sozusagen als Dozenten fungieren und den Senioren zeigen, worauf sie im Internet achten müssen oder wie bestimmte Computerprogramme anzuwenden sind. Ein Konzept, das sich bewährt hat.

Harald Heuer und seine Kursgenossen sind jedenfalls begeistert. "Die Lernerfolge sind sichtbar", sagt der ehemalige Kaufmann, der zu Zeiten seiner Berufstätigkeit niemals mit einem Computer in Berührung kam. Bereits nach rund vier Monaten Unterricht im Förderverein konnte Heuer den PC in seinen Grundfunktionen bedienen. "Jetzt geht es um Feinheiten", sagt er.

Der sportliche Rentner gehört zweifelsohne zu den mutigen Zeitgenossen seiner Generation. Ohne irgendein Vorwissen legte er sich vor zwei Jahren PC und Internet zu - vor allem um "den Geist anzuregen", wie er sagt. Wenn man keine Computerkenntnisse besitzt, erklärt Heuer, könne man heutzutage einfach nicht mehr mitreden. Auch deshalb hält er die Beschäftigung mit dem "Technik-Kasten" für unausweichlich. Der 75-Jährige zählt zu den sogenannten "Silver Surfern", die sich trotz fortgeschrittenen Alters mit dem Internet befassen und online informieren. In Relation zu ihren desinteressierten Altersgenossen stellen die Computer-hungrigen Senioren allerdings noch immer eine Minderheit dar. Laut einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Hightech-Verbands BITKOM ist unter den Senioren ab 65 Jahren nur jeder vierte online aktiv. Die Mehrheit der älteren Herrschaften hat laut Studie nach wie vor Hemmungen, sich mit Computer und Internet zu beschäftigen.

Nicht so Harald Heuer. Er empfindet seine stetig wachsenden PC-Kenntnisse als Bereicherung für sein Leben. "Im Internet kann ich mich nun wunderbar über meine Interessensgebiete Wirtschaft und Börse informieren", erzählt Heuer. Und auch die Kommunikation würde durch das Internet belebt. So hat der rüstige Herr via E-Mail alte Freundschaften aufgefrischt und neue Kontakte hinzugewonnen.

Ein Facebook-Profil will sich der 75-Jährige jedoch nicht anlegen. "Für Meinungen, die dort veröffentlicht werden, interessiere ich mich nicht", sagt Heuer. Seine Bekanntschaften pflege er lieber über Telefonate oder persönliche Treffen. "Das können soziale Netzwerke nicht ersetzen", so der Buchholzer. Ein paar alte Traditionen abseits der technischen Errungenschaften will Harald Heuer sich also unbedingt erhalten. Deshalb kauft er die Tageszeitung noch immer am Kiosk. Und deshalb wird auch das Online-Shopping ein Tabu für ihn bleiben. "Durch solche Angebote fallen Arbeitsplätze weg", sagt er.

Bei aller Begeisterung für die Vielfalt des Internets und die Möglichkeiten, die Facebook, Twitter & Co. ihren Nutzern bieten, bleibt Harald Heuer einem Credo treu: Das Persönliche, sagt er, darf auch in Zukunft nicht aussterben. So sei es zwar gut zu wissen, wie Online-Dienste funktionieren. "Aber eine fundierte Kundenberatung", so der 75-Jährige, "werden sie sicher niemals ersetzen können."