Das Seniorenhaus Vögelsen setzt zur Therapie Hunde und ein Pferd erfolgreich ein

Vögelsen. Cora hat keine Zeit. Die Hündin kann es kaum abwarten, dass Herrchen Holger Bruch die Tür zum Gemeinschaftsraum des Seniorenhauses in Vögelsen öffnet. Kaum ist sie einen Spalt breit auf, bahnt sich der Golden Retriever seinen Weg und stürmt los. Der Vierbeiner begrüßt überschwänglich und freundlich mit dem Schwanz wedelnd die im Raum sitzenden Bewohner der Betreuungs- und Pflegeeinrichtung. Die danken es dem Vierbeiner mit liebevollem Tätscheln.

Cora ist ein Therapiehund, speziell ausgebildet für die Betreuung Demenzkranker. Sich Streicheleinheiten abholen, ist für den Vierbeiner Arbeit.

Und die macht er gut, wie Herrchen Holger Bruch seiner Cora attestiert. Bruch ist Assistent der Geschäftsführung im Seniorenhaus mit 38 demenzkranken Bewohnern. Nach der Runde durch den Saal ist der Garten dran. Cora rennt raus und begrüßt auch dort fröhlich die Patienten. Die drei Jahre alte Hündin hat sichtlich Spaß an ihrem Job, sie bekommt schließlich auch jede Menge Zuneigung.

Coras Einsatz als Therapiehund ist aus Sicht der Betreiber so erfolgreich, dass mit ihr im Wechsel zudem die zweieinhalbjährige Golden Retriever-Hündin Donna im Schichtdienst eingesetzt wird. "Aber nicht länger als maximal zwei bis drei Stunden am Tag pro Hund. Denn was spielerisch aussieht, ist für die beiden harte Arbeit. Sie brauchen deshalb Ruhephasen", sagt Bruch.

Seit drei Jahren setzt die Einrichtung auf die Hilfe der Therapiehunde bei der Betreuung ihrer Bewohner. Nach Bruchs Worten hat die Spezialausbildung für die Golden Retriever rund 15 000 Euro gekostet. Das sei gut investiertes Geld, sagt er: "Die Atmosphäre bei uns im Haus hat sich verändert, seitdem die Hunde da sind. Es ist viel ruhiger geworden."

Keiner der Bewohner habe Angst vor Cora und Donna. Im Gegenteil. "Wir sehen täglich die Erfolge. Das Streicheln der Hunde, das zärtliche Schmusen mit ihnen wirkt entspannend auf unsere Bewohner." Ebenso ist es, wenn einige von ihnen, deren Gesundheitszustand es noch zulässt, zum Gassigehen mitkommen. "Die Hunde schaffen es, den schwer kranken Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, weil sie bei ihnen schöne Kindheitserinnerungen wecken. Das ist mehr Wert als jedes Medikament, weil sich unsere Bewohner wohlfühlen", sagt Holger Bruch.

Cora und Donna wirkten im übertragenden Sinn zudem oft als Türöffner bei den alten Leuten. "Weil viele merken, dass sie krank sind, verschließen sie sich und lassen niemanden mehr an sich heran." Über die Hunde komme das Pflegepersonal dennoch mit ihnen ins Gespräch. "Während die Kranken die Hunde streicheln, erzählen sie von früher. Damit geht es ins Private. Und es ist wichtig für uns, viel darüber zu wissen, damit jeder Bewohner die richtige Betreuung und medizinische Behandlung bekommt", erklärt Bruch.

Da Golden Retriever prima Familienhunde mit einem freundlichen Wesen, geduldig, verschmust und verspielt seien, eigneten sie sich hervorragend als Therapiehunde für Demenzkranke, sagt Bruch. Doch das Seniorenhaus setze die beiden Therapeuten auf vier Pfoten auch in der Palliativmedizin ein, bei der die Lebensqualität, die Wünsche und das Befinden der Patienten im Vordergrund der Behandlung stehen.

"Wenn es gewünscht wird, legt sich einer der Hunde mit ins Bett des Kranken. Das hat eine beruhigende Wirkung für die Patienten. Cora hat auch schon jemanden beim Sterben begleitet, lag in den letzten Stunden mit in seinem Bett."

Den Einsatz von Vierbeinern bei der Betreuung Demenzkranker baut das Seniorenhaus Vögelsen weiter aus. So soll Cora als nächstes die Ausbildung zum Suchhund absolvieren. Bruch: "Sie kann dann helfen, falls sich einer unserer Bewohner einmal beim Spazierengehen verläuft."

Überdies hat die Pflegeeinrichtung seit ein paar Wochen einen weiteren tierischen Helfer: das Pony "Silver". Es ist in einem Stall und auf einer Koppel im Reppenstedter Ortsteil Dachtmissen zu Hause, also gar nicht weit von Vögelsen entfernt.

Ein glücklicher Zufall habe zu "Silver" geführt. "Eine unserer Mitarbeiterin betreut in ihrer Freizeit das Pony in Dachtmissen. Eines Tages erzählte sie unter Tränen, dass es verkauft werden sollte. Da es sich um ein ausgebildetes Therapiepferd handelt, haben wir es gekauft." Die rund 2000 Euro und die Kosten für Futter und Pflege für das Pferd trage der Förderverein des Seniorenhauses, sagt Bruch.

Die Bewohner seien auch schon zu Besuch auf der Koppel gewesen: "Das war ein Riesenerfolg." Alle hätten das Pony gestreichelt und gefüttert. "Es gab keine Berührungsängste. Eine schon sehr betagte Dame wollte sogar gleich losreiten." Bruch sagt, es sei geplant, dass die Bewohner das Pony regelmäßig in Dachtmissen besuchen dürfen: "Und bei gutem Wetter holen wir es zu uns in den Garten."