Schleswig-Holstein protestiert erfolgreich gegen die Unterbringung des Ex-Häftlings in Reinbek. Noch ist offen, wo er künftig leben soll.

Hamburg/Reinbek/Kiel. Wo auch immer Sexualstraftäter Hans-Peter W. auftaucht, lassen Proteste nicht lange auf sich warten. Zuletzt haben Anwohner in Harburg den aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Schwerverbrecher verjagt. Nach einer wochenlangen Odyssee durch drei Bundesländer sollte Hans-Peter W. am kommenden Montag in eine von der Stadt Hamburg betriebene Therapie-Einrichtung in Reinbek (Schleswig-Holstein) verlegt werden - das war der Hamburger Plan und "eine fachlich gute Lösung", wie die Senatskanzlei mitteilte.

Freitag Nachmittag die Kehrtwende: Nach Protesten des schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen entschied sich Bürgermeister Christoph Ahlhaus (beide CDU) zur Rolle rückwärts. "Hamburg wird seine Pläne nicht weiterverfolgen", sagte Senatssprecherin Kristin Breuer. Der Ex-Häftling bleibt in Hamburg - und die Frage offen, wo der 53-Jährige künftig leben soll.

Damit ist der zweite Versuch gescheitert, den 1981 wegen Vergewaltigung zu acht Jahren Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilten Straftäter im benachbarten Bundesland unterzubringen. Bereits Mitte August war die Aufnahme von Hans-Peter W. in der Ameos-Klinik in Neustadt abgelehnt worden. Zwar könne die Einrichtung weitere Ex-Sicherungsverwahrte aufnehmen - allerdings nur solche aus Schleswig-Holstein, sagte Justizminister Emil Schmalfuß.

Beim Nachbarland abgeblitzt, erinnerte sich Hamburg an seine stadteigene Einrichtung "fördern & wohnen Sachsenwaldau" (f.&.w). Auf dem zaunlosen Areal im Reinbeker Ortsteil Ohe leben 200 Suchtkranke. Sie wohnen in Häusern, die Namen wie Waldblick, Wiesengrund oder Fernsicht tragen. Dort liegt auch die sozialtherapeutische Einrichtung, die Hans-Peter W. aufnehmen wollte. Aus Hamburger Sicht ließen sich die therapeutischen Angebote in einem Zentrum für Suchtkranke mit den Erfordernissen für einen Sexualstraftäter vereinbaren. Die Einschätzung geht auf das Ergebnis einer Gefährdungsanalyse zurück, die nach Abendblatt-Informationen seit mehreren Tagen vorliegt.

"Die Einrichtung ist als Wohnort für einen ehemaligen Straftäter ungeeignet", sagte indes Reinbeks Bürgermeister Axel Bärendorf. Seit Dienstag wusste er von dem Plan. Er ist empört. Er findet es "taktlos und ungeschickt" von der Stadt Hamburg, eine derartige Maßnahme vorzunehmen, ohne zuvor mit der betroffenen Kommune gesprochen zu haben. "Eine Einrichtung wie f.&.w braucht die Akzeptanz der Menschen in der Nachbarschaft", sagte er. "Wenn dort plötzlich Straftäter untergebracht werden sollen, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, dann muss man diese Änderung im Konzept der Einrichtung vorher mit den Nachbarn besprechen."

Bärendorf schrieb an Ministerpräsident Carstensen. Der stellte sich hinter die Stadt Reinbek, schrieb seinerseits Bürgermeister Ahlhaus einen Brief. Die Einrichtung sei für Hans-Peter W. ungeeignet, hieß es. Zudem habe Schleswig-Holsteins Polizei kaum Kapazitäten für eine 24-Stunden-Überwachung wie Hamburg, wo der Ex-Häftling seit seiner Ankunft am 21. Juli rund um die Uhr observiert wird.

Am Freitagvormittag hatten CDU und FDP noch einen Eilantrag in den Kieler Landtag eingebracht, um den Umzug von Hans-Peter W. zu verhindern. "Hamburg kann seine Problemfälle nicht einfach im Umland abladen", hieß es bei der CDU. Nach dem Telefonat zwischen Ahlhaus und Carstensen zogen CDU und FDP den Antrag zurück - die Krise war vom Tisch. "Ich bin dem Bürgermeister für diese Entscheidung sehr dankbar", sagte Carstensen.

Was nun? "Hamburg wird sich bemühen, eine andere Lösung zu finden", heißt es vage aus der Senatskanzlei. Der Mann, der 30 Jahre seines Lebens im Gefängnis verbrachte und den Gutachter als "hochgefährlich" einstufen, bleibt vorerst in Niendorf - obgleich er das gar nicht will. "Er möchte in ein Männerwohnheim", sagt sein Anwalt Bernd Behnke. Einfach skandalös sei das Gezerre um seinen Mandanten. Statt eine dauerhafte Lösung zu finden für "Altfälle" wie Hans-Peter W., werde das Problem hin- und hergeschoben.