Die Ausbildung zum Raumausstatter ist vielseitig. Zu Ausbildung gehören viele handwerkliche Fähigkeiten und theoretisches Fachwissen

Eigentlich wollte Annina Schreiber nach dem Abitur Innenarchitektur studieren. Doch wie so oft hat ein Praktikum sie dann auf einen anderen Weg geführt. Die 22-Jährige hat im August letzten Jahres bei Arvid Drevenstedt eine Ausbildung zur Raumausstatterin begonnen. „Ich habe schon immer sehr viel Zeit darauf verwendet, mein Zimmer neu zu stylen oder die Möbel umzustellen. Auch das Zeichnen und Entwerfen von Mustern gefällt mir. Und in der Schule fand ich Fächer wie Kunst oder Darstellendes Spiel am besten, weil ich mich da so herrlich einbringen konnte“, berichtet Annina.

Wenn sie heute durch die Städte läuft, dann betrachtet sie die Stoffe, Teppiche, Möbel oder Gardinen in Geschäften, Bars und Hotels mit Argusaugen. „Mein Blick hat sich tatsächlich in den letzten Monaten schon verändert“, gibt die Henstedt-Ulzburgerin zu. „Ich achte heute zum Beispiel nicht mehr nur auf Materialien und Designs, sondern auch darauf, wie genau Teppiche verlegt oder wie Gardinen genäht worden sind.“

Raumausstatter gestalten unter Beachtung der Gesetzmäßigkeiten von Farbe, Form und Materialien überwiegend private Wohnräume. Aber auch bei der Ausstattung von Geschäftshäusern und Büroräumen, Theater- und Konzerthallen, Hotels und Gaststätten sind Kreativität und Fachwissen gefragt. Zum Beispiel, wenn es um die Auswahl von Vorhängen, Gardinen, Jalousien, Wandbekleidungen und Bodenbelägen oder um Stoffe für Polstermöbel geht.

Weiterhin kümmern sich Raumausstatter auch um die Montage von Sicht-, Licht- und Sonnenschutzsystemen sowie um Polster- und Bodenlegearbeiten. „Dadurch, dass so viele verschiedene Aufgaben anstehen, ist unsere Arbeit sehr vielfältig und abwechslungsreich. Langeweile gibt’s bei uns nicht“, erzählt Annina, deren Lieblingsfarbe Pink ist. Ein weiterer Vorteil ihres Berufs sei, dass man viel mit Handwerkern aus anderen Gewerken zu tun habe. Das können Maler, Tischler, Elektriker, Küchen- und Bad-installateure sowie Parkettleger sein.

Sie selbst fühlt sich vor allem in der betriebseigenen Werkstatt sehr wohl. Wenn Möbel neu bezogen oder Dekorationen genäht werden, findet sie das besonders spannend. Mittlerweile hat die Auszubildende sogar schon recht gut selbst das Nähen erlernt und konnte ihr handwerkliches Geschick vertiefen. Auch im Büro konnte Annina schon erste Erfahrungen sammeln. Denn auch für Raumausstatter geht es nicht ohne Büroarbeit. Schließlich müssen Rechnungen geschrieben, Termine fixiert oder Materialien bestellt werden.

Zum Service gehört auch mal ein Kundenbesuch am Abend

„Wer Raumausstatter werden möchte, sollte sich darüber klar sein, dass es in diesem Beruf nicht allein auf ein Gespür für Farben und Formen, auf Kreativität und Fingerfertigkeit ankommt“, gibt Annina zu bedenken. „Vielmehr muss man auch mal mit anpacken können und außerdem bereit sein, den Kunden einen guten Service auf ganzer Linie zu bieten.

Das kann zum Beispiel auch lange Arbeitstage bedeuten. Denn viele Kunden haben nur abends Zeit, um sich mit ihrem Raumausstatter zu einer Besprechung oder zum Aufmaß in der Wohnung zu treffen.“

In ihrer Freizeit spielt Annina gern Handball oder sie geht ins Fitnessstudio. Das sei gut, um den Kopf frei zu bekommen. Nach ihrer Ausbildung werden sich ihr viele Möglichkeiten bieten, um genau die Arbeit und die Aufgaben zu finden, die sie am liebsten mag. „Versierte Raumausstatter sind zurzeit nämlich in vielen unterschiedlichen Bereichen sehr gesucht, und es gibt in den einzelnen Tätigkeitsschwerpunkten viel für sie zu tun. Beispielsweise können Raumausstatter als Innen- oder Gardinendekorateure, als Bodenleger, Messestandbauer, in der Werkstattfertigung oder einfach auch nur im Verkauf tätig sein“, sagt Arvid Dreven­stedt, Obermeister der Raumausstatter- und Sattler-Innung Hamburg.

Gute Karten auf eine Anstellung hätten sie dabei also nicht nur in Raumausstattungsbetrieben und bei Polsterern. „Auch in Designateliers und Einrichtungsgeschäften, im Theater, bei Film und Fernsehen bieten sich viele tolle und vielfältige Perspektiven“, so der Raumausstattermeister.

Pro Jahr fangen in Hamburg etwa 20 junge Menschen eine Ausbildung in diesem Bereich an. Dass es nicht mehr junge angehende Raumausstatter gibt, liegt auch daran, dass die Zahl der Ausbildungsplätze nicht gerade üppig ist. „Es wäre schön, wenn sich noch ein paar mehr Betriebe in der Hansestadt dazu entschließen könnten, für geeigneten Nachwuchs zu sorgen“, wünscht sich Drevenstedt, der wie das Studio Hamburg oder Borchardt Raum und Idee auch dieses Jahr wieder ausbildet. Die dreijährige duale Lehre findet in der Berufsschule und im Fachbetrieb statt. Im letzten Jahr der Ausbildung gilt es, sich festzulegen. Folgende Schwerpunkte stehen dabei zur Auswahl: Boden, Polstern, Raumdekoration sowie Licht-, Sicht- und Sonnenschutzanlagen, Wand- und Deckendekoration. Arvid Drevenstedt empfiehlt Schülern, die sich für die Ausbildung interessieren, so wie Annina vorab ein längeres Praktikum zu machen. Bei der Suche nach einem Praktikums- oder Ausbildungsplatz hilft die Raumausstatter- und Sattler-Innung Hamburg gern weiter. Das sei die beste Möglichkeit, um diesen traditionsreichen Beruf von der Pike auf kennenzulernen. Obendrein könne man sich in einem Praktikum auch vom möglichen zukünftigen Ausbildungsbetrieb ein Bild machen. Das könne Gold wert sein, so seine Erfahrung.