Lohnt sich die Aufregung über manche Kleinigkeiten im Alltag? Sabine Asgodom arbeitet als Management-Trainerin, Coach und Rednerin und stellt in ihren Vorträgen Lösungswege vor

Erst kürzlich war Sabine Asgodom im Auto unterwegs, als sie einen besonders gemütlichen Fahrer vor sich hatte. Sie kam wegen des starken Gegenverkehrs nicht vorbei, also musste sie in gemäßigtem Tempo hinter ihm herschleichen. Das Temperament blieb alles andere als gemäßigt. „Man möchte austicken in so einem Moment“, erinnert sie sich. „Und dann trug er auch noch einen Hut, da hatte ich alle Vorurteile parat.“ Doch statt zu krakeelen und enthemmt zu hupen, begann Asgodom, sich eine Geschichte auszumalen: „Ich stellte mir vor, dass der Herr auf dem Weg zu einer Hochzeit eine mehrstöckige Hochzeitstorte auf dem Beifahrersitz transportierte. Da musste er natürlich sehr langsam und behutsam fahren, um die Torte heil abzuliefern“, erzählt sie. Und was geschah? Sie musste grinsen – über ihre Geschichte und über den Fahrer vor ihr.

Und die Moral von der Geschicht: „Man hält einen Moment inne und überlegt, ob es sich lohnt, sich aufzuregen“, erklärt Asgodom. „Und das bedeutet: Ich entscheide, was ich tue und wie ich reagiere.“ Das Ergebnis: Ja, ich will mich jetzt aufregen – oder nein, das führt nirgendwo hin. Diese und weitere Erlebnisse erzählt Sabine Asgodom bei ihrem Vortrag „Die sieben Schlüssel zur Gelassenheit – Einen klaren Kopf behalten in stürmischen Zeiten“, den sie am Mittwoch, den 27. Mai im Rahmen der Reihe „Weiterkommen“ hält, die das Hamburger Abendblatt in Kooperation mit dem Institut für Weiterbildung anbietet. Es wird einen regen Austausch mit dem Publikum geben – und einige Aha-Erlebnisse.

Sabine Asgodom war nach ihrem Abschluss an der Deutschen Journalistenschule Redakteurin bei Magazinen, seit 1993 arbeitet sie als Management-Trainerin, Coach und Rednerin. So ist sie Gründungsmitglied der German Speakers Association. Im Jahr 2010 bekam die umtriebige Unternehmerin das Bundesverdienstkreuz am Bande für ihr gesellschaftliches Engagement. Nicht zuletzt hat sie mittlerweile mehr als 30 Bücher geschrieben. Ihre Themen heißen „Lebe wild und unersättlich“ oder „Eigenlob stimmt“. Auch ihre Schlüssel zur Gelassenheit hat sie bereits in einem Buch verewigt. „Ich habe mir dieses Buch selbst geschrieben“, sagt die 61-Jährige. „Denn ich habe gemerkt, dass ich viel Energie verliere, wenn ich mich immer aufrege. Das wollte ich nicht mehr, und ich wollte mich nicht mehr von anderen Menschen verunsichern lassen.“ Also recherchierte sie über Verhalten und was ihr selbst guttun würde, um gelassener zu werden. Unter den Schlüsseln zur Gelassenheit ist zum Beispiel die Achtsamkeit – heißt, den Blick auf das zu lenken, was gut läuft, was glücklich macht. Auch Balance, also ein Ausgleich zwischen An- und Entspannung, ist wichtig. Ein weiterer Schlüssel heißt Dankbarkeit und bedeutet, sich zu erinnern, was einem Gutes widerfährt. „Es meint eine Grunddankbarkeit, auch dafür, was man aus schlechten Erfahrungen gelernt hat“, erklärt Asgodom.

Nun werden viele Menschen begeistert nicken – doch wenn der Chef ungerecht entscheidet, der Kollege nervt oder Mitmenschen garstig sind, fällt es nicht leicht, dankbar zu sein. Man fühlt sich verletzt, unverstanden, nicht gesehen oder wütend genug, jemanden zusammenzufalten. „Gelassenheit meint nicht, dass ich ständig ruhig bin und alles hinnehme“, korrigiert Asgodom, „das Grundziel ist es, souverän zu bleiben.“ Und Souveränität bedeute: Ich entscheide, wie ich mit der Situation umgehe. Bevor man reagiert, helfe es, wenige Sekunden innezuhalten und sich zu fragen: Bringt es mir etwas, wenn ich patzig antworte? Oder komme ich erst einmal runter, lasse den anderen mit einem höflichen Kopfnicken stehen – und antworte später, wenn der Puls aus dem zehnstelligen Bereich wieder heraus ist?

Dies klappt sicher nicht jedes Mal und jeden Tag gleich gut. Muss es auch nicht, findet Asgodom, die selbst so wirkt, als wisse sie stets, wie man richtig reagiert. „Überhaupt nicht“, antwortet sie. „Man muss ja nicht zum Heiligen werden.“ Wer aber über sich nachdenkt, reflektiert und durchatmet, bevor er reagiert, der bleibt bei sich und nimmt sich selbst ernst, aber auch nicht zu ernst. Ein bisschen Humor darf sein. Sabine Asgodom gibt ein Beispiel: „Wenn ich mich ärgere, halte ich dagegen, dass heute nicht 99,9 Prozent der Weltbevölkerung aufgestanden sind mit dem Vorsatz, Frau Asgodom fertigzumachen.“ Auch nicht ein Sonntagsfahrer, der doch nur mit Bedacht eine Hochzeitstorte transportiert.