Schließung von Karstadt in Billstedt trifft Beschäftigte und Kunden hart

Auf den ersten Blick sieht es nach einem ganz normalen Einkaufstag im Billstedt-Center aus. Menschen bummeln an Karstadt vorbei oder gehen in das Warenhaus hinein, das mitten im einzigen Shoppingcenter des Stadtteils liegt. Doch an diesem Tag ist die Stimmung der Karstadt-Mitarbeiter anders als sonst. Die rund 75 Beschäftigten haben am Abend zuvor erfahren, dass es für ihr Haus keine Zukunft mehr gibt. Am 30. Juni kommenden Jahres ist Schluss.

„Wir dürfen nichts sagen“, meint eine Verkäuferin für Damenmode. Doch wenn sie dürften, könnten die Beschäftigten viel erzählen. Etwa über Missmanagement, weil die von Karstadt für das Billstedt-Center ausgewählten Bekleidungskollektionen meist bei den Kunden in dem Stadtteil nicht ankamen. Oder weil sie schon vor Bekanntgabe der Schließung in Billstedt bedrängt worden sind, auf einen Teil ihres Lohnes zu verzichten.

„Die Mitarbeiter sind immer die Dummen“, empört sich eine Kundin, die ihren Namen nicht nennen möchte. „Während das Management Millionen verdient, werden die Beschäftigten einfach entlassen“, sagt eine andere. Eine Verkäuferin hat zufällig mitgehört und nickt. Offiziell möchte auch sie nichts sagen.

Helmuth Warschau, ein anderer Kunde, ist ebenfalls wütend. „Erst ging die Sparkasse weg aus dem Center, jetzt wird Karstadt bald schließen. Wo sollen wir denn noch einkaufen?“, fragt er. „Mit dem HVV in die Innenstadt zu fahren, ist für viele Bewohner zu teuer.“ Ute und Eberhard Pietsch gehen meist zu Karstadt, wenn sie Kleinigkeiten wie Handtücher oder Kurzwaren holen. „Auch wenn die Kollektion nicht immer ganz zum Viertel passt, gefällt uns, dass Karstadt wenigstens Mode für Ältere im Sortiment hat“, sagen sie.

Auch der Hamburger Gewerkschafter Arno Peukes ist nach Billstedt gekommen. Am Abend zuvor hatte er noch für Ver.di im Aufsichtsrat der Kette gesessen und ungläubig die Details des harten Sanierungsprogramms verfolgt, das der neu ernannte Chef Stephan Fanderl dort vorstellte.

„Vor einigen Wochen hieß es noch, dass alle Karstadt-Standorte Zeit zur Bewährung bekommen würden. Und nun stößt man die Beschäftigten in Billstedt und an den anderen betroffenen Standorten auf diese unverantwortliche Weise vor den Kopf.“

Auch aus Peukes Sicht ist die schlechte Entwicklung in Billstedt auf eine verfehlte Sortimentsauswahl zurückzuführen. „Es gibt in dieser Filiale beispielsweise keine Umstandskleidung, obwohl es viele Schwangere in dem Stadtteil gibt“, sagt er. „Das sind Managementfehler, die nun die Beschäftigten ausbaden müssen.“

Für den Stadtteil ist die geplante Schließung jedenfalls ein schwerer Schlag, wie die ersten Reaktionen zeigen. „Wir haben Interesse an einem vitalen Zentrum. Wenn Karstadt dichtmacht, ist das natürlich kein gutes Signal“, sagt Bezirksamtsleiter Andy Grote (SPD). Es dürfe jetzt keinen Leerstand oder eine Weitervermietung an einen Billiganbieter geben.

Doch die Situation im Billstedt-Center ist schwieriger als an anderen Standorten, weil sich die Karstadt-Filiale zwar mitten in dem Einkaufszentrum befindet, aber dennoch eine eigene Einheit bildet. Während die restlichen Flächen rund um die Filiale von dem Hamburger Shoppingcenterbetreiber ECE gemanagt werden, gehört die Karstadt-Filiale der Berliner Immobiliengesellschaft Signature Capital.

„Für uns als Centerbetreiber ist die Lage misslich, weil wir nicht selbst über einen Nachmieter für diese zentrale Fläche entscheiden können“, sagt ECE-Sprecher Christian Stamerjohanns. „Ein längerer Leerstand würde auch die Geschäfte im Umfeld in Mitleidenschaft ziehen.“

Wir haben Interesse an einem vitalen Zentrum. Wenn Karstadt dichtmacht, ist das natürlich kein gutes Signal.