Barmbeker Kebab Collection will mit Franchise und Lieferservice expandieren

Dass Nihal Gökce einmal in der Döner-Branche landen würde, war nicht unbedingt vorhersehbar. Friseurin hat die zurückhaltende, aber bestimmte Chefin der Hamburger Firma Kebab Collection mal gelernt. Doch das Gewerbe brachte nicht viel ein, und so eröffnete die heute 50-Jährige zusammen mit ihrem Mann vor gut zehn Jahren einen winzigen Imbiss.

„Statt Haare habe ich damals halt angefangen, Fleischspieße zu frisieren“, sagt die Unternehmerin schmunzelnd. „Unser erstes Geschäft war so klein, dass wir uns kaum darin umdrehen konnten“, erinnert sich Gökce, die Anfang der 70er-Jahre aus der türkischen Stadt Izmir nach Deutschland kam.

Mittlerweile ist Nihal Gökces Firma in ein wesentlich größeres Geschäft an der Fuhlsbüttler Straße gezogen, beschäftigt 13 Mitarbeiter und kommt nach eigenen Angaben auf einen Jahresumsatz von rund 500.000 Euro. Ein Schneide-Roboter trennt Kalb- und Hühnerfleisch computergesteuert von den rotierenden Spießen. Es gibt „Döner Holland“ mit Gouda, Tomaten und Paprika, „Döner Hawaii“ mit Ananas und Hähnchenfleisch oder „Döner Mexico“ mit Tortilla-Chips.

Dass der Umsatz der Kebab Collection in den vergangenen Jahren stets im zweistelligen Prozentbereich gestiegen ist, hat aber weniger mit der großen Auswahl, sondern vor allem mit der ungewöhnlichen Verkaufsmethode zu tun. Anstatt wie andere Imbisse einfach auf Laufkundschaft zu warten, bringt eine Flotte aus acht Fahrzeugen die Fleischtaschen nämlich direkt zu den Kunden. „Wir waren die ersten, die einen Döner-Lieferservice in Hamburg eingeführt haben“, sagt Gökce. Rund 100 Lieferungen fahren die Mitarbeiter von Kebab Collection täglich aus. Zu den Kunden zählen Studenten ebenso wie Geschäftsleute oder größere Firmen.

Fünf weitere Stützpunkte will Gökce bis 2018 in Hamburg aufmachen und darüber hinaus auch über die Grenzen der Hansestadt hinaus expandieren. „Wir sind auf der Suche nach Franchisenehmern in ganz Deutschland“, sagt die Chefin. Gespräche gebe es derzeit unter anderem mit einem möglichen Partner aus Stuttgart.

Mit ihrer Strategie zur Filialisierung gehört Gökce zu den Vorreiterinnen in der nach wie vor zersplitterten Branche. Rund 400 Döner-Gastronomiebetriebe mit etwa 2500 Mitarbeitern gibt es derzeit in der Hansestadt – meist kleine Familienbetriebe.

Erst langsam bilden sich größere Einheiten heraus. „In Hamburg entstehen jetzt immer mehr Ketten, die Branche entwickelt sich langsam in Richtung Systemgastronomie“, sagt der größte Dönerproduzent der Hansestadt, Ertan Celik, der viele Imbisse mit den rotierenden Spießen versorgt.

Celik selbst hat in den vergangenen Jahren eine eigene Restaurantkette unter dem Namen Emek mit insgesamt sieben Läden aufgebaut. „In den kommenden Jahren soll die Zahl unserer Restaurants auf bis zu 15 wachsen“, kündigt der 45-Jährige an.

Aus Celiks Sicht erwarten die Kunden mittlerweile auch beim Döner eine gleichbleibend hohe Qualität. „Das ist ganz ähnlich wie bei McDonald’s“, sagt der Unternehmer, dessen Familie einst aus Ostanatolien nach Hamburg kam und der sich vom einfachen Betreiber des Imbiss Bol Kepce („großzügige Kelle“) zum größten Hamburger Hersteller der Fleischspieße hocharbeitete.

Auf einen Jahresumsatz von rund sechs Millionen Euro kommt Celik heute nach eigenen Angaben, seine einstige Produktionsstätte auf dem Fleischgroßmarkt hat er längst gegen eine neue Fabrik an der Schnackenburgallee getauscht. 60.000 Portionen Dönerfleisch pro Tag stellt er hier her.

Der Chef der Celik Döner & Fleischgroßhandel GmbH erwartet in diesem Jahr ein Umsatzplus zwischen fünf und zehn Prozent. Es läuft gut für Hersteller und Imbisse – auch, weil die Branche in diesem Jahr von Skandalen wie BSE oder Gammelfleisch weitgehend verschont blieb. Sogar der Pferdefleischskandal Anfang des Jahres konnte den Appetit der Hamburger auf die Fleischtaschen allenfalls kurzfristig beeinträchtigen.

Dabei hatte Celik im Frühjahr noch mit dem Schlimmsten gerechnet. Weil er um den Ruf des Döners fürchtete und einige besonders lustige Kunden in den Läden schon Fladenbrot mit „extra viel Pferd“ orderten, hatte er zu einem Pressegespräch geladen. „Wir lieben Pferde! Aber nur auf der Weide!“ stand in der Ankündigung. Auf der Veranstaltung warb Celik dann für das Fleisch vom Spieß als Qualitätsprodukt.

Celik hat sogar die Organisation Qualitäts-Döner Hamburg e.V. gegründet, die sich für einheitliche Produktionsstandards in der Branche starkmacht. Diesem Verbund hat sich unter anderem auch der Hersteller Kap-Lan mit Sitz auf dem Fleischgroßmarkt angeschlossen, der den Konkurrenten Kebab Collection mit Huhn- und Kalbsfleisch-Spießen beliefert.

Während sich die großen Konkurrenten bei den Qualitätsstandards durchaus einig sind, gehen die Meinungen über die richtige Verkaufsstrategie allerdings auseinander. Einen Lieferservice wie bei Kebab Collection kann sich Produzent Celik für seine Restaurants jedenfalls nicht vorstellen. „In Hamburg gibt es Dönerläden in jedem Stadtteil, da kann ich mir nicht denken, dass sich das rechnet“, sagt er. Außerdem sei ihm ein frisch zubereiteter Döner immer noch am liebsten.

Statt Haare habe ich damals halt angefangen, Fleischspieße zu frisieren.