Neue Unternehmen siedeln sich in Hamburg am Wasser an, und die Bremer BLG Logistics will hier Fahrzeuge mit alternativem Antrieb ausstatten.

Hamburg. Trotz der Flaute in der Seeschifffahrt und des geringeren Warenumschlags entstehen im Hamburger Hafen neue Arbeitsplätze. Nach Informationen des Abendblatts will der australische Spezialist für Gewerbeimmobilien Goodman ein Logistikzentrum am Genter Ufer auf der Dradenau entwickeln. Der Konzern hat mit der Hamburg Port Authority (HPA) einen Vertrag über eine 6,5 Hektar große Fläche geschlossen. Hier sollen 180 bis 200 neue Arbeitsplätze entstehen. Bereits im Sommer will der Konzern mit dem Bau eines ersten Abschnitts und mehreren Hallen beginnen - in unmittelbarer Nähe zu den Containerterminals Burchardkai und Eurogate.

Vor allem exportorientierte Firmen und Hafenlogistiker sollen sich hier ansiedeln. "Das Grundstück am Genter Ufer in Hamburg ist ein absoluter Topstandort. Daher sind wir überzeugt, dass wir mit unserem spekulativen Bauprojekt erfolgreich sein werden", sagte Andreas Fleischer, Regionaldirektor von Goodman Deutschland. Nicht nur er setzt auf den Hafen.

Offenbar drängt es immer mehr Logistikunternehmen hierhin: Die in Hammerbrook ansässige Augsburger Spedition BTG baut seit Jahresbeginn eine 4000 Quadratmeter große Halle auf einem 13.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Peutestraße, und die Logistikgruppe IGS erweitert ihre Flächen auf Finkenwerder um weitere 48.000 Quadratmeter. Außerdem hat die Bremer Lagerhausgesellschaft BLG Logistics ihren Vertrag für die Kattwykhalbinsel langfristig bis zum Jahr 2042 verlängert. Sie will hier künftig Elektroautos montieren. Insgesamt, so rechnet die HPA, entstehen durch die neuen Pläne im Hafen 520 neue Arbeitplätze.

"Der Hamburger Hafen ist als Standort für Kunden weiterhin sehr attraktiv. Das zeigt sich nicht zuletzt daran, dass sich zahlreiche neue Firmen im Hafengebiet ansiedeln und bestehende ihr Geschäft hier erweitern", sagt der Chef der HPA, Jens Meier. Diverse Neuvermietungen über langfristige Zeiträume würden belegen, dass die Firmen auch dauerhaft auf das Potenzial des Hamburger Hafens setzen. "Um dies auch nachhaltig zu gewährleisten, müssen wir konsequent daran festhalten, die Infrastruktur des Hafens auf dem modernsten Stand zu halten", so Meier weiter.

Hintergrund ist eine neue Ausrichtung der Ansiedelungspolitik im Hafen: Diese wollte den Hafen früher ausschließlich für den Warenumschlag vorhalten. Im Hafenentwicklungsplan hat der Senat einen anderen Weg eingeschlagen. Darin heißt es: "Die Bedeutung des Hamburger Hafens in der Transportkette geht weit über das Laden und Löschen hinaus. Neben den eigentlichen Umschlagaktivitäten gehören weitere Dienstleistungen an der Ware, insbesondere Lagerung, Kommissionierung, Konsolidierung und Distribution, zum Portfolio des Seehafens." Dieses Angebot an logistischen Services stelle eine wichtige Ergänzung der Umschlagstätigkeit auf den Terminals dar und erhöhe insgesamt die Attraktivität des Hafenstandorts Hamburg. Ziel sei es, den Hafen damit weniger anfällig für konjunkturelle Schwankungen zu machen. Der Hafen ist extrem vom Welthandel abhängig. Das zeigte sich wieder bei der jüngsten Bilanz. Im vergangenen Jahr sank der Gesamtumschlag um ein Prozent, weil der China-Handel eingebrochen war.

Deshalb sucht Wirtschaftssenator Frank Horch zusammen mit der HPA nach Möglichkeiten, dem Hafen Wertschöpfung und Arbeitsplätze jenseits des reinen Umschlags zu sichern. "Um die Bedeutung des Wirtschafts- und Hafenstandorts Hamburg international zu sichern, müssen wir bei der Qualität unseres Angebotes punkten", sagte der Senator dem Abendblatt. Die Hafengrundstücke seien zu wertvoll, um sie nur für den Umschlag zu nutzen. "Wir sehen Waren nicht ausschließlich als durchlaufende Posten, sondern wollen im Hafen auch veredeln und produzieren. Ziel ist, die Fläche effizient zu nutzen, die Wertschöpfung zu steigern und dabei Umwelt- und Nachhaltigkeitsgesichtspunkte zu berücksichtigen." Schwerpunkte sehe er dabei in Synergien zum wasserseitigen Umschlag, in der Schaffung von Arbeitsplätzen und in einem attraktiven Branchenmix.

Was er damit meint, zeigt ein neuer Vertrag zwischen der Hafenverwaltung und der Bremer Lagerhausgesellschaft BLG Logistics Gruppe. Diese betreibt seit Jahrzehnten ein Autoterminal auf der Kattwykhalbinsel. Neben einem RoRo-Ponton befinden sich hier Stellflächen für die Lagerung von 12.000 Autos und ein umfangreiches Technikzentrum für die Bearbeitung von Autos.

Als ein "riesengroßer Parkplatz" war die Anlage bisher verschrien. Doch BLG hat mit den Flächen Großes vor, deshalb hat die HPA jetzt den Vertrag für weitere 30 Jahre verlängert. "Wir wollen Hamburg zu unserem Kompetenzzentrum für alternative Antriebe, insbesondere Elektromobile, machen", sagte BLG-Sprecher Andreas Hoetzel. Es handele sich um ein langfristiges Investment. "Noch ist der Umschlag von Elektroautos marginal. Doch wir gehen davon aus, dass sich das in wenigen Jahren ändert." BLG bemühe sich um Verträge mit den großen Autoherstellern. Dabei gehe es nicht nur um den Umschlag, sondern auch um die Umrüstung und Montage der Fahrzeuge. Viele Autos rollen derzeit mit konventionellem Antrieb vom Band und werden dann auf Elektroantrieb umgestellt. Denkbar ist auch, dass Hersteller künftig nur Karosserie und Fahrgestell liefern und die BLG den alternativen Antrieb in Hamburg montiert.

Dieses Gesamtpaket will das Unternehmen am Standort Kattwyk anbieten - weg vom reinen Umschlag hin zur industriellen Produktion. Dazu sollen ein Servicecenter und neue Arbeitsplätze entstehen. Schlussendlich soll Kattwyk zu einer "grünen" Halbinsel werden. Das bedeutet, dass der Energiebedarf der Anlage durch regenerative Erzeugungsquellen gedeckt wird. Mindestens 50 neue Arbeitsplätze können dabei aufgebaut werden, sagt Terminal-Geschäftsführer Bernd Kupke. Für die Investition in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags sei die Verlängerung des Mietvertrags unabdingbar gewesen. Das Unternehmen geht jetzt an die Detailplanung. Derzeit arbeiten etwa 250 Mitarbeiter am Seehafenterminal von BLG auf der Kattwykhalbinsel.