Berlin/Hamburg. Ein bisschen Homo-Ehe, ein Zug Cannabis, ein Schuss NSA: LeFloid war bei der Kanzlerin als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet.

Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet. Der YouTuber LeFloid, der eine millionenstarke Abonnentengemeinde auf dem Google-Videonetzwerk sein eigen nennt, hat sich in einem Interview mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ungewohnt zahm gezeigt. Inhaltlich stark, denn die Fragen kamen auch aus seiner Community. Aber in der Form recht zurückhaltend zeigte sich der forsche Nachrichtendeuter aus dem World Wide Web im Bundeskanzleramt. Merkel hatte in den vergangenen Wochen mit Griechenland-Krise, Flüchtlings-Drama und Disharmonie in der Großen Koalition sicher hartnäckigere Frager abzuwehren.

Im Plaudersalon auf der Chefinnen-Ebene mit Blick auf den Reichstag stellte LeFloid seine Fragen zu Homo-Ehe, Cannabis, Griechenland und dem Privatleben der mächtigsten Frau der Welt. Und das hat ihm offenbar an der einen oder anderen Stelle den Zahn gezogen. Das Ambiente der Macht verschreckte den Interviewer, der in dem 30-Minuten-Video lange brauchte, bis er mal sein Ich nach außen kehrte.

Hier sehen Sie das Video von LeFloid mit Angela Merkel

Was erfahren wir über die Kanzlerin? Dass gut leben heißt, „ich arbeite gern, ich denke auch nach acht Stunden darüber nach“. Worüber? „Wie können wir mit den Älteren leben, wie mit den Migranten? Wir machen uns Gedanken, weil wir nicht immer wissen können, ob unsere Gesetze, die wir machen auch richtig sind.“

So ist das in der Politik, wenn man Politiker fragt. Sie machen sich Gedanken. LeFloid fand, dass man das gute Leben nicht nur am Bruttoinlandsprodukt festmachen könne. Und da war die Kanzlerin gleich auf seiner Seite. „Wenn ich kurz was sagen darf: Man darf das nicht nur am Wirtschaftswachstum festmachen. Man muss fragen, schade ich anderen, was ist nachhaltiges Wachstum? Und was ist mit Kinderarbeit?“ Ja, wenn die verboten würde, hätte LeFloid keinen Job mehr bei YouTube.

Das hat er noch gut gekontert, denn er leitete die Kanzlerin aufs Glatteis und fragte nach der Homo-Ehe. Merkel sagte wie gehabt: „Ich bin jemand, der dafür ist, dass wir alle Diskriminierungen abbauen. Für mich persönlich ist Ehe das Zusammenleben von Mann und Frau.“ Sie sei ja für eingetragene Partnerschaften, sogar für steuerliche Gleichberechtigung. Aber Ehe? Mann und Frau.

LeFloid schaute durch die Gegend, er hatte Probleme, Merkel zu fokussieren. Ach, ja: NSA! Was sagt denn die Bundeskanzlerin dazu, dass die Amerikaner sie vermutlich abgehört haben? Der Zweck heilige nicht alle Mittel. „Abhören unter Freunden geht gar nicht. Da gibt es gravierende Unterschiede zwischen uns und den Vereinigten Staaten von Amerika.“ Sie wisse außerdem sicher, dass „die Amerikaner nicht die Einzigen sind, die abhören, was so passiert“. Aber, so sei das halt: Zusammenarbeit mit anderen Geheimdiensten sei notwendig, weil sie wisse, dass dadurch schon Anschläge vereitelt worden seien.

LeFloid bohrte nach: „Also, Sie würden sagen, das Bauchgefühl der Angela Merkel leidet nicht unter der Position der Bundeskanzlerin Merkel?“ Merkel sagte, sie habe wie jeder ein Privatleben. „Wo immer ich auf die Straße gehe, werde ich fotografiert und angeguckt. Aber ich kann auch den Strich machen und sagen, das ist mein privates Leben. Wenn Sie den ganzen Tag Physikaufgaben machen und wenig sprechen, dann haben Sie Lust darauf, abends was zu sagen.“ So war das also, damals, als Frau Doktor sich wissenschaftlichen Aufgaben stellte. Nachfragen von LeFloid? Nullkommanull.

Es ging dann noch um TTIP, das LeFloid nicht ganz verstanden hat („Ich kann Ihnen da alle Broschüren der CDU schicken!“) und Cannabis (lehnt Merkel als legale Droge ab) und Kochen (macht Merkel gerne sonnabends). Hat man nach fast zehn Jahren Kanzlerin noch Bock auf den Job? LeFloid: „Ist noch genug Power da?“ Merkel: „Ich denke ja.“ Amen.