Berlin/Calau. Sie nennt sich Karlotta Knetkowski und modelliert mit Kindermaterial. Die Knet-Promis haben leider oft eine kurze Lebensdauer.

Die bunte, formbare Masse ist ihre Leidenschaft: Die 29 Jahre alte Berliner Künstlerin Linda Jakobsen alias Karlotta Knetkowski modelliert Porträts von Prominenten aus einem Material, das vor allem in Kindergärten beliebt ist: Knete. An diesem Freitag sind Miniaturausgaben von David Bowie, Rio Reiser, Marlene Dietrich, Axel Prahl, Willy Brandt und vielen anderen Berühmtheiten, die mit Berlin zu tun haben, in einer Ausstellung in Neukölln zu sehen. „Sie rundet das Erscheinen meines ersten Bildbands ab“, sagt Knetkowski über die Schau, die nur einen Abend dauern wird.

Für ihr im März erschienenes Buch „Berlin Knetografie“ (Mitteldeutscher Verlag) hat sie die Minipromis nach dem Kneten in selbst genähte Kleidung gesteckt, an verschiedenen Stellen in der Stadt in Szene gesetzt und in Schwarz-Weiß-Fotografien festgehalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) etwa steht mit leicht verhärmtem Gesicht und typischem Blazer vor einem Stück Mauer, der 2013 gestorbene Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki mit erhobenem Zeigefinger vor den Toren der Humboldt-Universität.

Detailgenau versucht Knetkowski, ihre rund 30 Zentimeter hohen Figuren zu modellieren. So dürfen etwa bei Reich-Ranicki der markante Mund und die kantige Brille nicht fehlen.

Zur Knete sei sie vor einigen Jahren eher zufällig gekommen, sagt die aus Calau in Brandenburg stammende Künstlerin. „Bei einem Besuch in einem Spielzeugladen habe ich in einem Regal Knete gesehen und sofort wurden Erinnerungen an den Geruch und die Haptik wach.“ Es habe noch eine Weile gedauert, bis sie das Material tatsächlich in die Hand nahm. Anlass war eine Internetseite, für die sie Profilbilder von sich und ihrer Freundin brauchte. Da keine Fotos zur Hand waren, habe sie die Köpfe aus Knete nachgeformt. „Meine erste richtige Figur war dann der Sänger Morrissey von The Smiths.“

Es folgten unter anderem Loki und Helmut Schmidt, Klaus Kinski, John Lennon und viele andere Figuren, deren Köpfe gerade mal so groß sind wie der Durchmesser einer Zwei-Euro-Münze. Nach ihrer ersten Ausstellung in Kreuzberg sei 2013 der Mitteldeutsche Verlag auf sie zu gekommen, erzählt Knetkowski. Die Idee: Figuren zum Thema Berlin für ein Buch zu gestalten.

In einem monatelangen Knetmarathon entstanden 25 neue Figuren, die in dem Buch zu sehen sind. „Im Moment bin in ich in einer Kreativpause, habe aber schon wieder neue Ideen im Kopf“, sagt Knetkowski. Sie deutete Großbritannien an, denkbar wären aber auch Charaktere aus ihrer Heimat Brandenburg – wie Loriot.

Die Figuren bestehen inzwischen nicht mehr ausschließlich aus Knete. „Die Körper sind wegen der besseren Standfestigkeit aus Ton“, sagt Knetkowski. Erst vor wenigen Tagen hat sie erlebt, was passiert, wenn ein Knet-Promi auf wackligen Beinen steht. „Bela B ist umgekippt und hat jetzt eine platte Nase. Die muss ich zur Ausstellung noch reparieren“, sagt die Künstlerin, die nur mit einem einfachen Messer arbeitet.

„Knetfiguren aus klassischer Kinderknete zu formen ist durchaus ungewöhnlich“, sagt Erna Müller, Sprecherin bei Staedtler, einem Hersteller von Knete. Die Figuren seien durch die Eigenschaften der klassischen Spielknete sehr fragil. Es sei faszinierend, mit welcher Präzision Knetkowski modelliere.

Verbreiteter sei es, mit Modelliermasse zu arbeiten, die sich im Ofen härten lässt, etwa Fimo. Weltweit würden die unterschiedlichsten Figuren und Skulpturen, aber auch Schmuck oder Wohnaccessoires modelliert, erzählt Müller. Die Künstler tauschten sich etwa bei einem jährlichen Symposium des Knetherstellers aus.

Knetkowski will zunächst weiter bei Kinderknete bleiben. Der Aspekt des Vergänglichen in der Kunst habe seinen Reiz, sagt sie. „Es ist eine schöne Metapher für das Menschsein.“ (dpa)