Muslime attackieren den Kabarettisten. Dieter Nuhr macht weiter wie bisher – und kann sich auf ein besonderes Urteil berufen.

Berlin/Hamburg. Der Präsident der Berliner Akademie der Künste, Klaus Staeck, hält die Anzeige gegen den Kabarettisten Dieter Nuhr wegen mutmaßlicher religiöser Beleidigung für aussichtslos. Nuhr nehme nur sein Recht auf Meinungsfreiheit wahr, sagte Staeck im Deutschlandradio Kultur. Da dieses Recht von deutschen Gerichten sehr ernst genommen werde, müsse sich Nuhr juristisch „keine großen Sorgen“ machen, ergänzte Staeck, der selbst Jurist ist. Natürlich dürfe man über Götter spotten, betonte der Akademiepräsident.

Zu behaupten, Nuhr sei ein Hassprediger, sei „absurd“, sagte Staeck. Er forderte, sich nicht von religiösen Fanatikern einschüchtern zu lassen. „Wenn wir nur noch alle vorsichtig sind, wo der andere sich möglicherweise verletzt fühlen könnte, dann können wir von Meinungsfreiheit nicht mehr groß reden“, erklärte er. Angst zu bekommen, weil andere Leute möglicherweise gewalttätig werden könnten, sei ein falscher Ratgeber.

Dieter Nuhr ist von einem gläubigen Muslim angezeigt worden, weil er über den Islam gespottet hat. In den mittlerweile im Internet kursierenden Satire-Beiträgen heißt es etwa, der Islam sei nur „dann tolerant, wenn er keine Macht hat“. Wo die Grenzen der Satire überschritten sind, dazu äußerte sich das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich in einer Entscheidung von 1997.

Damals hatte die Karlsruher Richter den Streit zwischen dem TV-Moderator Thomas Koschwitz und der Prinzessin Irina von Sachsen zum Anlass genommen, die Grenzen zulässiger Satire auszuloten. Der Hintergrund: Koschwitz hatte die betagte Prinzessin in seiner „Late-Night-Show“ „Münzen-Erna“ genannt, weil die Adelige Münzen sammelte.

Karlsruhe billigte diese Äußerung, weil sie durch eine „satirische Verfremdung“ geprägt gewesen sei. Laut Gericht ist es ein Merkmal der Satire, mit „Verfremdungen, Verzerrungen und Übertreibungen“ zu arbeiten. Die rechtliche Beurteilung von Satire erfordere deshalb die „Entkleidung“ des „in Wort und Bild gewählten satirischen Gewandes“, um ihren eigentlichen Inhalt zu ermitteln.

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Der so herausgearbeitete Kern der Aussage muss den Verfassungshütern zufolge dann darauf überprüft werden, ob sie eine Ausdruck der „Missachtung“ gegenüber der betroffenen Person enthält.

Allerdings muss auch der künstlerische Gehalt der Satire ermittelt werden. Dabei gehe es nur um die „Unterscheidung zwischen Kunst- und Nichtkunst“, nicht jedoch um die Frage, wie niveauvoll der Beitrag ist. Kunst liegt demnach bereits vor, wenn ein Werk oder eine Darbietung „eine eigenständige Originalität und Form“ hat.

Ist eine Satire aber keine Kunst, gelten die gleichen Maßstäbe wie bei Medienberichten: Tatsachen müssen stimmen, und geäußerte Meinungen dürfen die Grenzen zur sogenannten Schmähkritik nicht überschreiten. Absolute Grenze ist nach Ansicht der Verfassungshüter die Würde des Menschen.

Als Verstoß gegen die Menschenwürde verurteilten die Karlsruher Richter beispielsweise die Darstellung des verstorbenen CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß als „sich sexuell betätigendes Schwein“.

Erst wenn Nuhrs Islamkritik keine Kunst ist, käme Paragraph 166 des Strafgesetzbuchs ins Spiel, den der Kläger Medienberichten zufolge anführt. Wer demnach die Religion eines anderen so beschimpft, dass damit „der öffentliche Friede“ gestört wird, kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden.