Wohin bloß an Silvester? Brandenburger Tor? Eiffelturm? Beliebt ist der New Yorker Times Square. Dort ist es bunt, laut und streng geregelt.

New York. Silvester ohne Alkohol und Feuerwerk, dafür mit kalten Füßen und stundenlangem Schlangestehen – darum reißen sich jedes Jahr Hunderttausende. Der New Yorker Times Square ist ein legendärer Ort fürs Silvester feiern. Und das trotz der immer schärfer werdenden Sicherheitsbestimmungen. Doch Kultstatus hin oder her: Die Stadt ist voll von guten Plätzen für einen turbulenten Jahreswechsel.

Es muss ja nicht immer Manhattan sein. Brooklyn versteht sich seit jeher als Gegenentwurf zum lauten, schrillen, teuren Manhattan. Auch immer mehr Europäer fühlen sich jenseits des East Rivers wohler als zwischen den Häuserschluchten. In der Silvesternacht ist die Grand Army Plaza der Times Square der Brooklyner. Der gewaltige Platz, benannt nach der Unionsarmee im Bürgerkrieg vor 150 Jahren, liegt direkt am Prospect Park – dem Central Park von Brooklyn. Und so wird der Platz ebenso zum Veranstaltungsort wie der Park.

„Den besten Blick auf das Feuerwerk wird man aber von der Grand Army Plaza haben“, verrät George Fertitta. „Es gibt genug Essen und Trinken und natürlich jede Menge Unterhaltung“, verspricht der Chef der Tourismusbehörde NYC & Company. Das Feuerwerk soll von Mitternacht an eine Viertelstunde lang die Long Meadow, die große Lichtung im Prospect Park, beleuchten. Nachteil für Touristen: Wer vom Feiern müde ist, muss wohl noch nach Manhattan zurück. Denn das Hotelangebot in Brooklyn ist bei weitem nicht so hoch wie dort.

Also doch Manhattan? Und Sport statt Sekt, Kalorien verbrennen statt Knaller? Im Joggerparadies Central Park startet genau um Mitternacht der Emerald Nuts Midnight Run des Läuferclubs New York Road Runners. Vier Meilen (gut 6,4 Kilometer) ist die Strecke lang. Vorher gibt es eine große Party mit Lasershow, Feuerwerk und viel Musik. Sogar eine bunte Kostümparade ist geplant.

Ganz in Schwarzweiß – zumindest was die Kleidung der Herren angeht - geht es hingegen in der New York Philharmonic zu. Hier gibt es allerdings weder Beethovens Neunte noch den Radetzkymarsch, sondern New Yorker Kost: Musik des im August gestorbenen Komponisten Marvin Hamlisch. Der Name ist in Europa nicht so populär, die Werke des Oscar-, Grammy-, Tony-, Pulitzer- und Golden-Globe-Gewinners kennt jeder, etwa die Musik aus „The Chorus Line“ oder viele der Hits von Barbra Streisand. Das Konzert startet im Lincoln Center um 19.30 Uhr.

Auch in Schwarz-Weiß, aber mit sehr viel schnelleren Rhythmen sind die Musiker im „B.B. King Blues Club & Grill“, gar nicht weit vom Times Square. Hier spielen „Strawberry Fields“, eine der besten Beatles-Coverbands die ganze Nacht die Hits der „Fab Four“ aus Liverpool. Etwas bodenständiger, aber vielleicht noch lauter, geht es in der „Mercury Lounge“ in der Houston Street zu. Dort spielen „The Felice Brothers“, eine fünfköpfige Rock- und Folk-Band aus dem Staat New York.

Einer der beliebtesten Plätze New Yorks ist die Brooklyn Bridge. Tag und Nacht läuft nicht nur der Autoverkehr auf den Fahrspuren. Eine besondere Prägung geben dem Bauwerk die Jogger, Radfahrer und die Touristen auf dem etwas höher gelegenen Fußweg. Ein solcher Fußmarsch könnte für Flaneure auch am letzten Tag des Jahres genau das Richtige sein – auch wenn an einigen Stellen Reparaturabdeckungen die Sicht trüben.

Der Vorteil der Brücke: Völlig gratis gibt es zwischen Manhattan und Brooklyn einen atemberaubenden Blick auf die Skyline von New York. Ihr Nachteil: Es ist immer windig, und auch in der letzten Dezembernacht ist es zwischen den gotischen Pfeilern meistens schneidend kalt.

In der Hafenstadt New York lässt sich das neue Jahr auch auf dem Wasser begrüßen, sogar direkt vor der 126 Jahre alten Freiheitsstatue. Liberty Island selbst bleibt zwar geschlossen, aber vom Partyboot aus haben Urlauber gewissermaßen einen Logenplatz mit Blick auf die Statue im Feuerwerk und die ganze Südspitze von Manhattan. Die dreistündige Fahrt, von 22.00 bis 1.00 Uhr morgens, kostet 149 Dollar (115 Euro). Allerdings: Kinder dürfen nicht mit, das Mindestalter liegt bei 18 Jahren. Und wer mit einem Sekt anstoßen möchte, muss sogar mindestens 21 sein.

Also doch Times Square? „Das ist ein weltweit bekanntes Ereignis, und ich wollte es einfach mal machen“, sagt Mathias Voß, der die vergangene Silvesterfeier auf dem Platz mitmachte. Spätestens um 15.00 Uhr musste er da sein, weil der Times Square abgesperrt wird - dann geht es nur noch raus, aber nicht mehr zurück. Größere Taschen sind nicht erlaubt, kleinere werden durchsucht, und Alkohol ist sowieso verboten.

„Ich habe es zunächst gehasst und mich gefragt, warum ich mich neun Stunden lang dahingestellt habe“, sagt Voß. „Dann war es aber ganz nett, weil man ja inmitten von Gleichgesinnten steht, die alle genauso doof sind, wie man selbst.“ Die Stimmung sei international und irgendwie würden alle schon miteinander warm.

„Das Animationsprogramm war sehr auf amerikanischen Geschmack zugeschnitten und ging an der Masse der Leute schon mangels Sicht vorbei“, erzählt der Hamburger. „Außerdem war schon durch die Anordnung der Bühnen deutlich, dass die Konzerte vor allem für die Fernsehzuschauer angelegt sind und die Massen eher als Hintergrunddeko gesehen werden.“

Also doch kein Times Square? Obwohl in diesem Jahr Taylor Swift auftritt, die in Europa nur ein Star, in Amerika aber eine Ikone ist? „Es ist ein ganz besonderes Erlebnis, und vielleicht muss man es einfach mal erlebt haben“, sagt Voß. „Das Fallen der Kristallkugel, die die letzten Sekunden des alten Jahres signalisiert, ist für Europäer eher unspektakulär, das bisschen Feuerwerk sowieso.“ Und doch habe es sich gelohnt: „Wenn dann kurz nach Mitternacht eine Million Menschen ,New York, New York’ anstimmen und man mittendrin steht und mitsingt, ist das ein unglaublicher Gänsehautmoment.“