Die einen finden es bizarr, andere grausam: Iris Schieferstein macht Mode aus toten Tieren. Ihr prominentester Fan: Lady Gaga.

Leuenberg/Berlin. High-Heels aus Pferdehufen und Schlangenhaut: Die Mode, die Iris Schieferstein fabriziert, ist gewöhnungsbedürftig. Die Berliner Skulpteurin macht Kunst aus toten Tieren. Teile von Pferden, Rindern, Tauben, ja sogar von Hunden verarbeitet Schieferstein zu bizarren Kleidungsstücken und Accessoires – und eckt damit oft an.

Von Tierschützern bekomme sie regelmäßig Hassbriefe, sagt die Künstlerin, die ihr Atelier im ostbrandenburgischen Leuenberg hat. Aber es gibt auch Fans, darunter die US-Popsängerin Lady Gaga. Die Königin der Extreme habe schon zweimal Schuhe aus Pferdehufen geordert, erzählt Schieferstein nicht ohne Stolz. Mit einem der Paare sei Lady Gaga zu einer großen Award-Verleihung gestöckelt – in Kombination mit ihrem berüchtigten Fleischkleid.

Sie wolle mit ihrer Kunst „polarisieren“, sagt Schieferstein im Garten ihres Leuenberger Anwesens und zündet sich eine Zigarette an. Dort wohnt die zweifache Mutter zusammen mit ihrem Lebensgefährten Bertolt W. Barasch, ebenfalls Skulpteur und Maler. Beide studierten Anfang der 1990er Jahre an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Ein Paar sind Barasch und Schieferstein aber erst seit ein paar Jahren.

Gerade zeigen die beiden eine gemeinsame Ausstellung. „Aus Liebe zum Tier“ heißt die Schau und ist noch bis zum 4. November in einer Galerie in Ebersberg bei München zu sehen. Im Januar wird Schieferstein ihre Kunst dann bei der Fashion Week in Berlin zeigen. Wer bei der nächsten Party einmal mit Sandalen aus ausgestopften Tauben oder mit Schlangenboots auftreten will: Schiefersteins Schuhe kosten um die 3900 Euro. „Es sind alles Unikate“, sagt die Künstlerin.

Früher sammelte sie die Tierkadaver einfach von der Straße auf, etwa überfahrene Igel und Katzen oder verendete Vögel. Das brachte der gelernten Bildhauerin großen Ärger mit den Behörden ein. Seitdem darf sie nur noch verwenden, was „gehalten, geschossen und gegessen“ wird. Lieferant ist unter anderem der örtliche Fleischer.

Vor allem im Ausland wird Schiefersteins Kunst durchaus geschätzt, das letzte Paar Schuhe ging an einen Sammler in London. „Herrlich erschreckend“ findet das „NY Arts Magazine“ die Arbeiten der gebürtigen Hessin. Und die britische Tageszeitung „Daily Mail“ schrieb, die bizarre Auswahl an Schuhen lasse die Besitzer fühlen, sie stünden „mit einem Fuß im Grab“.

Schieferstein spricht lieber von einer „Hommage ans Leben“. Mit ihren Arbeiten will sie zum Nachdenken über die moderne Konsumgesellschaft anregen, in denen Tiere millionenfach eingepfercht und gequält werden oder auch auf der Straße verenden. Die Kritik von Tierfreunden an ihrer Arbeit findet die Skulpteurin „bigott“: Weil sie gleichzeitig Lederschuhe tragen und sich Butter, Leberwurst und andere tierische Produkte aufs Brot streichen.

„Kunst ist immer ein Spiegel der Gesellschaft“, betont Schieferstein. Dann muss sie rasch nach Berlin, denn es gibt neues Material: Ein Zirkus in Pankow hat angerufen – eine große Boa-Schlange sei plötzlich gestorben.