Kopf ab, das ist es, was dir droht. Wie die Terrormiliz Islamischer Staat in ihren Videos mit unseren Ängsten spielt

Selten, gezielt selten, umso eindringlicher tauchen mitten in der „Tagesschau“ oder den „heute“-Nachrichten Bilder des IS auf. Ein Werbeblock des Bösen, als solcher gezielt und geplant, mit der schwarzen Fahne im Hintergrund, einem Scharfrichter, der eine Burka-ähnliche Maske übergestülpt hat (wie sie Scharfrichter tatsächlich im Mittelalter trugen), schon sie allein ein Schreckensbild für moderne Zivilisationen. Dann verkündet eine Stimme, dass eine Geisel (eine amerikanische, eine englische, eine französische) gerade enthauptet wurde. Man zeige das natürlich nicht, „aus humanitären Gründen“, aber die Bilder wirken so fast schrecklicher, als wenn man die Enthauptung wirklich sähe, weil sie in die Fantasie des Zuschauers verlegt wird.

Enthauptung. Todesstrafe durch das Schwert. Es ist eine barbarische, archaische Form der Hinrichtung und in Kombination mit einer Schreckensarmee, die über Nachtsichtgeräte, Raketen und Panzerabwehrgeschütze verfügt, eine krude Mischung aus finsterem Mittelalter und verrohter Neuzeit. Der Schweizer Journalist Kurt Pelda, der lange in der Stadt Kobane Augenzeuge der Kämpfe zwischen Kurden und IS-Truppen war, warnte bei Anne Will zu Recht eindringlich vor dieser Werbung, die Angst und Schrecken verbreitet. Wir wissen, dass auch andere Terrormilizen Geiseln erschießen und hinrichten. Aber keiner tut es mit dem gleichen nachdrücklichen, bösen Werbeeffekt. Es ist, um in der Werbesprache zu sprechen, eine gelungene, wirksame Kampagne. Nur dass sie nicht für Coca-Cola, sondern als Angst-Appell an die bedrohten Zivilisationsbürger gerichtet wird. Kopf ab, das ist es, was dir droht.

Das bürgerliche Zeitalter begann bei der Französischen Revolution mit einem moderneren Blutgerüst. Der Arzt Joseph Ignace Guillotin hat sie erfunden und 1789 eingeführt, weil sie dem Verurteilten einen „raschen, sicheren und möglichst schmerzlosen Tod“ bringen sollte. Humanisierter Tod, der allerdings durch seriellen Gebrauch der Guillotine in der Jakobiner-Herrschaft bei den öffentlichen Hinrichtungen ebenso viel Furcht und Terror verbreitete. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs gab es auch die öffentliche Zurschaustellung hingerichteter Deserteure. Auch die Totenkopf-Verbände der SS warben, um Horror zu verbreiten, mit angedrohtem Tod. Sie trugen Totenköpfe am Uniformkragen.

Jetzt also hat die Kombination von weltweiter Ausstrahlung und archaischer Hinrichtung die erwünschte Wirkung – nicht umsonst enthält ein „Kapital“-Verbrechen und eine „Kapital“-Strafe die Köpfung („caput“) noch im Namen – ein ebenso schrecklicher wie stringenter Schachzug des Terrors.