In dem Filmklassiker „Ben Hur“ von 1959, der in urchristlicher Zeit spielt, trägt bei dem berühmten Wagenrennen ein Römer eine Armbanduhr. Und dies statt einer Sanduhr oder einer mobilen Sonnenuhr. Er ist seiner Zeit weit voraus, wir nennen das einen Anachronismus.

Gerade hat Martin Mosebach einen Roman herausgebracht, der historisch datiert ist. „In Kroatien tobte seit Monaten ein Städte-zerstörender Krieg, während Bosnien noch außerhalb des Rings verharrte, in dem die Schlachten ausgetragen wurden“, heißt es. Die Zeit von 1990 bis 1991 ist also festgeschrieben. Nun ist die „FAZ“ darauf gestoßen, dass in dem Roman munter Handys benutzt werden. So ruft ein Flüchtling in Bosnien vom Lastwagen herab in Frankfurt an, wo der Angerufene sich auf einem Gartenfest befindet. Ein Geliebter flüchtet mit seinem „schwarzen teuren Ding“ in den Wandschrank, seine Freundin hat dagegen ihr Handy vor sich „hin brummen“ lassen „wie eine unter Glas gefangene Hummel“. Und, Höhepunkt der aufgedeckten Fehler: Der Erzähler verliebt sich in der S-Bahn in ein Mädchen, das auf einem Laptop eine E-Mail liest. Sie vergießt traurige Tränen, ihr Geliebter hat ihr per E-Mail den Laufpass gegeben.

Nun ist Mosebachs Buch gewiss kein Science-Fiction-Roman, und ich möchte ihm die Anachronismen nicht boshaft vorrechnen, sondern sie nur als Beispiel dafür nehmen, wie schnell wir etwas, das es gestern noch nicht gab, heute als eine Selbstverständlichkeit nehmen. In Deutschland kam das erste Mobiltelefon im Sommer 1992 auf den Markt. Es war das „International 3200“ und kostete stolze 3000 D-Mark. Kaum vorstellbar, dass dieser „Knochen“ sich zwei Jahre vorher schon in Bosnien durch Klingeltöne bemerkbar gemacht hätte. Der erste Laptop war 1981 auf dem Markt, es ist aber kaum anzunehmen, dass ein Mädchen ihn in der S-Bahn bei sich hatte, denn er wog ganze elf Kilogramm, und erst 1997 folgte ein Modell, das leicht handhabbar war.

Die Zeit rast uns davon. Als ich 1997 ein Buch über das Handy veröffentlichte, war auf dem Umschlag ein Gerät zu sehen, mit dem man, wie man an den Tasten erkennt, noch keinesfalls eine SMS schicken konnte. Damals kam mir das Gefühl, wie schrecklich es ist, wenn einen niemand erreichen will, wo man doch jederzeit und überall erreichbar ist. Dieses Gefühl beflügelt auch Mosebachs Roman. Nur scheint er dabei offenbar auf der Zeitschiene zurück in die Zukunft entgleist zu sein.