Belgisches Orchester schafft die Notenblätter ab und spielt Stücke von Maurice Ravel und Richard Wagner vom Minicomputer ab.

Es ist einfach nicht wahr, dass Johannes Brahms für die Niederschrift seines berühmten Wiegenliedes fünf Jahre gebraucht hat, weil er dabei immer wieder eingeschlafen ist. Die Notenschrift ist überhaupt ein Geniestreich der menschlichen Kultur und wurde wegen des großen Erfolges gleich mehrmals erfunden. Um das Jahr 600 seufzte Bischof Isidor von Sevilla noch, Musik ginge verloren, da sich Töne ja nicht aufschreiben ließen. Dabei hatten die alten Griechen das längst getan, aber das Wissen war verloren gegangen. Vielleicht haben die Griechen sogar mal gewusst, wie man Steuern zahlt, aber das Wissen ist auch verloren gegangen.

Irgendwann begann man, Noten nicht mehr per Hand abzuschreiben, sondern in großen Mengen zu drucken. Das tun die USA auch gerade, aber aus anderen Gründen. Die Notenblätter wurden dann an die Orchester ausgeteilt. Bei einem Orchester geht es zu wie in der Berliner Koalition: jeder gegen jeden und alle gegen den Chef. Die Bratschisten fragen listig, wie eine Klarinette am schönsten klinge - leise knisternd im Kamin. Und die Geiger stellen einen Vergleich zwischen einer Bratsche und einer Waschmaschine an: Die Maschine vibriert noch mehr, kommt aber erst gegen Ende des Programms ins Schleudern, und was rauskommt, ist wenigstens sauber. Vom Dirigenten schließlich wird gesagt, es verhalte sich mit ihm wie mit einem Kondom: Mit ist sicherer, aber ohne ist schöner.

Apropos ohne: Die 92 Musiker des belgischen Orchesters Brussels Philharmonic verzichten künftig auf Notenblätter - sie spielen die Stücke von Tabletcomputern ab. Die klassische Musik müsse sich an die neue Zeit anpassen, sagte Intendant Gunther Broucke. Das ist ein schöner Widerspruch in sich! Das Konzert mit Ravel und Wagner habe ganz prima geklungen und man wolle pro Jahr 25.000 Euro bei den Notenblättern einsparen. Ein Gerücht ist aber sicher nur, dass in einer zweiten Phase auch die Musiker eingespart werden sollen. An das geneigte Publikum werden dann Tabletcomputer ausgeteilt. Die klingen auch ganz prima.