Eine Million Beschäftigte planen laut Emnid-Umfrage jetzt schon, der Arbeit bald fern zu bleiben

Aus dem Fundus der Weisheiten sowjetischer Staatswirtschaft, als diese noch hinterm Eisernen Vorhang werkelte, stammt die Parole: Nicht der Plan ist der Stolz des Betriebes, sondern seine Erfüllung. Unbeachtet blieb, dass eine erkleckliche Zahl der arbeitenden Bevölkerung anderes plant, als dem Betrieb lieb sein kann. So planen sogar im marktwirtschaftlichen Deutschland derzeit eine Million Beschäftigte, sich im bevorstehenden Herbst oder Winter "krank"schreiben zu lassen. Das sind knapp drei Prozent der Werktätigen.

Weitere 1,9 Prozent "überlegen noch", ob sie sich den gelben Zettel holen, mit dem der Arzt die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Vermutlich konnten sich die Unschlüssigen noch nicht unter den Gründen ihres Unwohlseins entscheiden, die bei der repräsentativen Umfrage des Emnid-Instituts zur Auswahl standen: Die meisten kreuzten an, sie wollten "einem Konflikt in der Firma entgehen", gefolgt von "zu dieser Zeit bekomme ich immer Depressionen". Mehr als 200 000 gaben offen zu, sich krankschreiben zu lassen, "weil es im Herbst weniger auffällt".

Vielleicht, weil nicht unterstellt wird, man wolle außerhalb der Saison in Urlaub fahren? Vorsicht, wer auf Reisen geht, obwohl offiziell siech gemeldet, muss eine Kündigung einkalkulieren, wenn er erwischt wird. Reisen sind Kranken nur erlaubt, wenn der Arzt sie verordnet, zum Beispiel als Kur.

Mit steigendem Bildungsgrad sinkt angeblich der Wille zum Blaumachen. Oder vertuscht jemand mit Abitur sein Fehlverhalten nur besser? Die entlarvende Umfrage hat übrigens das Börsenportal boersennews.de in Auftrag gegeben - und den Schaden für die Volkswirtschaft über 1,24 Milliarden Euro gleich mit ausgerechnet.

Hoffentlich brechen deshalb nicht wieder die Kurse ein. Zur Beruhigung der Marktteilnehmer hier noch eine Zusatzinfo. Von jenen Arbeitnehmern, die tatsächlich krank ins Bett gehören, weil sie fiebrig oder grippig sind, schleppen sich zwei Drittel dennoch zum Job, ergab eine Studie der Uni Bielefeld und der AOK. Diese wirklich Kranken können ihre Kollegen, die gesund zu Hause auf der Couch lümmeln, wenigstens nicht anstecken. Das ist doch eine unbezahlbare Nebenwirkung.