Pflanzenkauf ist schon eine verzwickte Sache. Erst ziehen die Blumen den Käufer mit ihrer Blütenpracht in den Bann, während die Verkäuferin dabei subversiv das Gefühl vermittelt, auch ohne grünen Daumen könne man den Ansprüchen dieses Exemplars absolut gerecht werden. Zu Hause kommt dann die Ernüchterung: Die Blüten fallen ab, und die Pflanze lässt sich nur noch depressiv hängen. Es folgen Beschimpfungen und Drohungen, die das Wort "Mülltonne" enthalten.

Damit dieses Szenario nicht wahr wird, gibt es im münsterländischen Schöppingen das Projekt "botanoadopt", gegründet von Mitgliedern der Künstlergruppe "431art". Sie betreiben in Frankfurt am Main eine anonyme Pflanzenklappe, die den Schützlingen von gescheiterten Hobbygärtnern und Freizeitbotanikern eine zweite Blüte in guten Händen ermöglichen soll. Zum Jahreswechsel ist es Zeit, Bilanz zu ziehen: 170 teilweise bis zur Unkenntlichkeit verdorrte Pflanzen wurden im vergangenen Jahr abgegeben. Fast alle erfreuen sich inzwischen wieder bester Gesundheit. Nur eine Palme mit Pilzbefall und ein Bonsai konnten trotz sofort eingeleiteter Mund-zu-Blatt-Beatmung nicht mehr gerettet werden.

"Freies Wachstum für alle Zimmerpflanzen" - diesen Wahlspruch nimmt die Pflanzenklappe wörtlich. In Botania, dem Kinderdorf für Kakteen und Co. in Schöppingen, werden die adoptierten Sprösslinge aufs Aufwendigste umsorgt. Sie wohnen laut Internetseite in einem "freigeistigen Dorf, in dem Pflanzen aus verschiedenen Herkunftsländern, Gattungen oder Familien zusammenleben". Alle Botania-Bewohner bekommen sogar Namen und Biografie verpasst. Zurzeit warten unter anderem die Aloe-Pflanze "Feel Good" und der Pfennigbaum "50 Cent" auf neue Liebhaber.

Leider erstreckt sich die weihnachtlich-tröstende Botschaft der Pflanzenklappe nicht auf alles Grüne: Im Lametta erstickte Tannenbäume können nicht abgegeben werden. Da drohen Müllabfuhr oder schwedischer Fenstersturz. Alle Jahre wieder ...