Warum kann Hellmuth Karasek nicht schlafen, wacht schweißgebadet auf? Und wer ist eigentlich Owie?

Schweißgebadet bin ich letzte Nacht aufgewacht, weil ich geträumt hatte, ich müsste auch dieses Jahr, wie "Alle Jahre wieder", noch eine Glosse zu Weihnachten schreiben; ich fühlte mich wie von tausend Tannennadeln gepiesackt, und dann fiel mir ein, dass ich 1960 die erste Weihnachtsglosse geschrieben hatte. In ihr unterhielten sich zwei Rentner in Zürich, sie waren flotte 65, und dass sie sich in Zürich unterhielten, das lag an der schweizerischen Erfindung der Langsamkeit. Und so fragte der eine den andern, was er denn lieber mag, möge, mochte: "Liebe mit einer Frau? Oder Weihnachten?" Und als der andere antwortete: "Weihnachten!", fragte der Erste: "Warum?", und der Zweite antwortete: "Weil, das ist öfter!"

Das funktioniert nach dem Prinzip, nach dem jetzt Blondinen in Florida oder Las Vegas Sweatshirts mit der Aufschrift tragen: "Ich habe nicht mit Tiger Woods geschlafen!" Heute kann ich darüber beim besten Willen nicht mehr lachen, auch nicht, dass es in den folgenden Jahren des Wirtschaftswunders alle Jahre wieder die Überschrift gab "Süßer die Kassen nicht klingeln!" Bis in den 70er-Jahren das Kassenklingeln durch die Frage nach "Owie!" abgelöst wurde. Wer ist Owie? "Owie lacht", heißt es im Weihnachtslied "Owie lacht, Lieb aus deinem göttlichen Mund!" Als wir weltläufig wurden und lernten, was Noël heißt und X-Mas, lautete die Frage: Wie kauft ein Sachse in London einen Weihnachtsbaum? Und die Antwort hieß, natürlich, attention please, Ä Tännschen, please!

Dann kamen die 68er. Und ich weiß nicht, ob es zu Weihnachten oder zu Ostern war oder irgendwo dazwischen, als der Kommunarde Dieter Kunzelmann ein ungekochtes Osterei nahm und es dem Berliner Bürgermeister Diepgen mit dem frommen Wunsch: "Frohe Ostern, du Weihnachtsmann!" auf dem Kopf zerschlug. Dann kamen die Werbejahre, in denen Beckenbauer zu jeder unpassenden Jahreszeit bei jedem freudigen Verkaufsangebot erstaunt im Fernsehen ausrief: "Ja, ist es denn scho Weihnachten!" Und da wachte ich erfreut auf, weil ich dieses Jahr keine Weihnachtsglosse schreiben musste. Und vor Freude nadelten mir bei der Weihnachtsfeier die Streifen aus dem Anzug, während ich sang: Es ist ein Ros' entsprungen! Von dem die meisten, ich wette, nicht wissen, was es heißt. Ich werde es ihnen gerne nächstes Jahr in meiner Weihnachtsglosse erklären.