St. Pauli. G20-Kritiker informieren in den Räumen des FC St. Pauli. 750 Journalisten sind akkreditiert

Auf der Südtribüne im Millerntor-Stadion ist ein Podium aufgebaut. Neun Redner haben daran am Donnerstagmorgen Platz genommen. Sie sprechen über die Gerichtsurteile zu den Protestcamps, Präsident Erdogan und die Demonstrationen in der Hansestadt. Ihnen gegenüber: Journalisten, Blogger, Medienaktivisten. Dort, wo sonst Fußballfans die Spiele des FC St. Pauli verfolgen, finden in diesen Tagen Pressekonferenzen zum G20-Gipfel statt.

Im Stadion am Millerntor hat ein Bündnis aus 350 Hamburger Kultur- und Medienschaffenden ein „alternatives Medienzentrum“ zu dem offiziellen des Bundespresseamts errichtet. Rund 750 feste und freie Medienleute aus zwei Dutzend Ländern haben sich in dem „FC MC“ bisher angemeldet.

Das „FC MC“ – „MC“ für „Media Center“ (Medienzentrum), „FC“ ist mehrdeutig und steht beispielsweise für „Friends of Critic“ (Freunde der Kritik) – versteht sich als Plattform des freien Journalismus abseits staatlicher Interessen. Dahinter steckt der Gedanke, kritisch und pluralistisch über den Gipfel und die damit verbundenen Proteste zu berichten. „Wir wollen eine Gegenöffentlichkeit schaffen“, sagt Mitorganisator Paul Ratzel. Die Perspektive der Bundesregierung und der Polizei in Bezug auf den G20-Gipfel sei seiner Ansicht nach eingeschränkt. „Wir beobachten die Lage auf den Straßen deshalb sehr genau und durchleuchten die politischen Geschehnisse.“

Im Ballsaal der Südtribüne haben die G20-Kritiker nicht nur Arbeitsplätze für die Akkreditierten eingerichtet, sondern auch ihre „Redaktion“. An 13 Computern schneiden sie Videomaterial zusammen, in einem „Studio“ filmen sie Interviews mit Vertretern verschiedener Bündnisse und politischen Aktivisten. Alles wird im Internet veröffentlicht. Nach dem Gipfel soll das Material in einer Mediathek weiter zugänglich bleiben. An einer der Kameras steht die Berlinale-Kuratorin Maike Mia Höhne. „Es ist wichtig, Haltung zu zeigen“, sagt die Filmemacherin. „Wir freuen uns über jeden, der mit uns diskutiert.“

Finanziert wird das „FC MC“ durch Spenden, alle Organisatoren sind ehrenamtlich tätig.