Hamburg. Pikant: Olaf Scholz ist dort Mitglied. Rechtsanwälte protestieren scharf

Eine Gefahrenprognose der Polizei, die zum Verbot von Spontandemonstrationen während des G20-Gipfels führte, sorgt für politischen Wirbel. Die Polizei hatte ihr Nein unter anderem mit der Verbindung der Anmelder zum Republikanischen Anwaltsverein (RAV) begründet. Das geht aus einer Stellungnahme der Polizei zu einem Eilantrag hervor, die dem Abendblatt auszugsweise vorliegt. Pikant: Auch Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist seit 1988 Mitglied des RAV.

Laut Polizei waren oder sind die vier Antragsteller Mitglieder des radikallinken Netzwerks „kritische JuristInnen“ und wurden in dem Eilverfahren vom Anwaltsbüro Schulterblatt 36 vertreten, deren Anwälte wiederum Mitglied im RAV seien. So sei bei Aufrufen damit zu rechnen, dass es zu einem erheblichen Zulauf komme und das „Abhalten solcher Spontanversammlungen unter Angaben des Versammlungsortes auch in die linke bis linksextremistische Szene transportiert werden würde.“ Schließlich wird noch darauf verwiesen, dass der Büroleiter der Kanzlei Andreas Blechschmidt sei, der die „Welcome to Hell“-Demonstration angemeldet habe.

Als Beleg für ihre Einschätzung des RAV habe die Polizei angeführt, dass die RAV-Anwälte zu den Organisatoren der Veranstaltung „Kampf gegen die Straf­losigkeit von Völkerrechtsverbrechen“ gehört hätten, sagt Britta Eder. Dabei sei es unter anderem um die Diktatur in Argentinien gegangen. Eder ist Anwältin des Anwaltsbüros Schulterblatt 36, RAV-Mitglied und wird in der polizeilichen Stellungnahme namentlich benannt. Sie spricht von einem „Angriff auf die freie Advokatur, und damit auf ein zentrales rechtsstaatliches Prinzip.“

In der Anwaltschaft hat die Polizei einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. „Die Diffamierung des RAV“ zeuge von einer „Rechtsfeindschaft der Hamburger Polizei“, teilte die Hamburger Arbeits­gemeinschaft der Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger mit. Auch Otmar Kury, Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer, schließt sich der Kritik an. Das Vorgehen der Polizei führe nur dazu, dass Rechtsuchende ihren anwaltlichen Beistand danach auswählen müssten, ob er Mitglied in einer den Behörden „genehmen“ Organisation sei oder nicht. Unter Bezug auf die Stellungnahme sagte Kury dem Abendblatt: „Das ist ein inakzeptabler Prozessvortrag eines auf den Rechtsstaat verpflichteten Exekutivorgans, mit dem die beteiligten Gerichte unzutreffend und irreführend informiert werden sollen.“ Zugleich werde das „Recht auf die freie Anwaltswahl angegriffen, so Kury. SPD-Fraktionschef Andreas Dressel versuchte, die Wogen zu glätten. „Ich bin ganz sicher, dass die Versammlungsbehörde nicht die Absicht hatte, den Verein oder alle seine Mitglieder unter Generalverdacht zu stellen“, sagte Dressel.