Fast 30 Protestmärsche oder Versammlungen sind angemeldet. An der größten Demo könnten mehr als 100.000 Menschen teilnehmen. Organisatoren rufen zu Gewaltfreiheit auf

Die einen propagieren „Hamburg zeigt Haltung“, die nächsten ­fordern „Grenzenlose ­Solidarität“, und wieder andere wünschen mar­­­­tialisch „Welcome to Hell“. 27 Demon- strationen sind rund um den G20-Gipfel angemeldet, kleine, größere und riesengroße, ernsthafte und skurrile, friedliche, kritische und mutmaßlich gewalttätige. Wer soll da noch durchblicken? Das Abendblatt stellt die Protestaktionen und die Hinterleute vor.

Wer beim Thema G20 den Drang verspürt, ein Zeichen zu setzen, wer dabei auf keinen Fall mit politischen Extremisten Seit’ an Seit’ marschieren und vielleicht sogar seine Kinder mitnehmen möchte, der ist bei Hamburg zeigt Haltung richtig: Dahinter steht ein Bündnis aus Prominenten wie Bischöfin Kirsten Fehrs, Erzbischof Stefan Heße, Theatermacher Corny Littmann, Ballett-Chef John Neumeier, St.-Pauli-Trainer Ewald Lienen, Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) und Altbürgermeister Ole von Beust (CDU).

Ihre Veranstaltung beginnt am Sonnabend, 8. Juli, um 10.30 Uhr mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Hauptkirche St. Katharinen am Hafen. Dort sammeln sich auch alle anderen Teilnehmer und ziehen von 12.30 Uhr an zum Fischmarkt, wo von 14 Uhr an ein großes „Fest für Demokratie und Menschenrechte“ mit Livemusik, Reden und Gastro-Angebot gefeiert wird.

Unterstützt wird die Demo auch von der Initiative Haltung.Hamburg, hinter der der frühere Kulturstaatsrat Nikolas Hill und Ex-Hamburg-Marketing-Chef Thorsten Kausch stecken. Sie veranstalten zwar keine eigene Demo, bieten aber auf ihrer Homepage Haltung.Hamburg.de und in sozialen Netzwerken die Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen.

Eine ebenfalls friedfertige Demons­tration soll auf dem Spielbudenplatz auf St. Pauli stattfinden. Unter dem Motto „One World – One Vibe!“ haben Clubbetreiber, das St.-Pauli-Museum und ein Nachbarschaftsverein eine Versammlung angemeldet. Geplant sind Vorträge zu wichtigen Themen der Weltpolitik und Livemusik, die Demonstration findet am 7. und 8. Juli jeweils ab 16 Uhr statt. Die Veranstalter rechnen mit insgesamt 10.oo0 Besuchern.

Auch im Anschluss an eine Extra-Ausgabe des Festivals „Lesen ohne Atomstrom“ist am Abend des 5. Juli eine friedliche Demonstration geplant. Sie beginnt direkt nach Ende des Kulturprogramms am Gorch-Fock-Wall und soll bis auf den Karolinenplatz führen, etwa 500 Teilnehmer werden erwartet. Für die Polizei sind diese Versammlungen unbedenklich, es wird hier mit keinerlei Krawallen gerechnet – andere Demons­trationen könnten sich dagegen zum Problemherd entwickeln. „Man wundert sich schon, warum man das nicht tagsüber machen kann“, sagt Einsatzleiter Hartmut Dudde etwa über die geplante Nachttanzdemo am Abend des 5. Juli. Im Schutze der Dunkelheit könnte es dort zu Störungen kommen – „wir werden das im Blick behalten“, sagt Dudde.

Das Gleiche gilt für mehrere geplante Aufzüge unter dem Motto „Gegen die Logistik des Kapitals“, die für den 7. Juli angemeldet sind. Linksextreme hatten angekündigt, während des Gipfels auch mehrere Hafenbetriebe blockieren zu wollen.

Als problematisch gilt auch die Großdemonstration des Bündnisses „Gemeinsame Solidarität statt G20“ am 8. Juli, die mit bis zu 100.000 Teilnehmern den Höhepunkt des Anti-G20-Protestes sein soll. Als Anmelder fungiert mit dem Linke-Bundestagsabgeordneten Jan van Aken zwar ein gemäßigter Politiker, zu den Organisatoren gehören aber auch diverse radikale linke Gruppen – darunter die „Interventionistische Linke“, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

In Polizeikreisen wird davon ausgegangen, dass innerhalb der sehr heterogenen Masse von Demonstranten mehrere Blöcke von Linksextremen auf Krawall aus sein könnten.

Insgesamt, so die Einschätzung der Polizei, sind nur bei etwa einer Handvoll der Demonstrationen Ausschreitungen zu befürchten. Als besonders heikel gilt der Aufzug „Welcome to Hell“ am Abend des 6. Juli, an dem mutmaßlich auch mehrere Tausend gewaltbereite Linksextreme aus dem In- und Ausland teilnehmen werden. Die Organisatoren geben zwar an, nicht direkt den Konflikt mit der Polizei zu suchen – sollte man aber „angegriffen“ werden, werde man sich deutlich zur Wehr setzen.

Ebenfalls als problematisch wird die sogenannte „Revolutionäre Anti-G20-Demo“ am Abend des ersten Gipfeltages gesehen. Dazu werden 2000, teils linksextreme Teilnehmer erwartet. In Sicherheitskreisen wird auch davon ausgegangen, dass militante G20-Gegner auch unangemeldeten Blockaden und Demon- strationen während des Gipfels planen.