G20 gilt vor allem als Wirtschaftsgipfel. Doch immer mehr rücken Klimawandel und Menschenrechte in den Fokus. In Hamburg wird es auch um Hilfe für Afrika gehen müssen

Auf 14 Seiten hat die Bundesregierung ihre Schwerpunkte für den G20-Gipfel in Hamburg zusammengefasst – eher vage formuliert, eher Leitlinien als konkrete Ziele. Es geht um die Stabilität der Finanzmärkte und einen besseren Welthandel, aber auch um Klimaschutz und Frauenrechte. Die Macht der G20-Staaten, die Welt zu verändern, ist groß. Und doch ist das Treffen der Staatsdelegationen informell, die Beschlüsse anders als UN-Resolutionen nicht rechtlich bindend. Nichtregierungsorganisationen kritisieren seit Jahren die mangelnde Umsetzung der globalen Ziele im Kampf gegen Armut und Klimawandel. Daran will Deutschland etwas ändern. Ein Überblick über die Themen des Hamburger Gipfels:

Wirtschaft: Handel und Wachstum gelten als Kern des G20-Gipfels, sie bestimmen die Agenda. So beschlossen die Staaten in der Finanzkrise 2008 einen „Aktionsplan“ für eine strengere Regulierung der Märkte, dessen Effektivität allerdings umstritten ist. In Hamburg wird vor allem um eines gestritten werden: Wie sehr schotten sich die USA vom Welthandel ab? Denn Protektionismus ist die Agenda von US-Präsident Trump. Die Sorge in Europa: Der Welthandel und damit auch die eigene Wirtschaft schrumpfen, wenn sich Amerika isoliert. Zudem wollen die Finanzminister der G20 die Digitalisierung etwa in der Wirtschaft vorantreiben. Thema wird weiterhin auch die Überproduktion von Stahl sein. China wirft Stahl zu Niedrigpreisen auf den Weltmarkt, das schadet vor allem den USA und Europa. Im Mittelpunkt steht auch mehr Fairness im Steuersystem. Nach den jüngsten Skandalen um Steueroasen großer Firmen etwa in Panama drängt Deutschland auf eine G20-Steueragenda, mit der laut Bundesfinanzministerium „schädlicher Steuerwettbewerb“ und „aggressive Steuerplanungen international tätiger Konzerne“ eingedämmt werden soll.

Klima: Die G20-Staaten sind als Wirtschaftsmächte für mehr als drei Viertel des weltweiten Energieverbrauchs und des Treibhausgasausstoßes verantwortlich. Ein Hauptanliegen ist für die Bundesregierung, den Klimaschutz voranzutreiben und die Ziele des Pariser Abkommens voranzubringen. Kern: Die durch schädliche Gase verursachte Erderwärmung soll „deutlich unter zwei Grad“ im Vergleich zur vorindustriellen Zeit liegen. Dieses Ziel ratifizierten in Paris erstmals auch China und die USA – ein wichtiger Schritt, denn die beiden Staaten gehören zu den größten Klimasündern weltweit. Gleichzeitig investieren sowohl chinesische als auch amerikanische Unternehmen massiv in Technologien für erneuerbare Energien. Doch US-Präsident Trump will nun aus dem Klima-Abkommen von Paris aussteigen – ein Rückschritt im Umweltschutz, der für viel Gesprächsstoff während des Gipfels sorgen wird.

Afrika: Eng mit der Klimadebatte verbunden ist auch die Agenda für Afrika. Der Kampf gegen Hungersnöte ist eine Priorität des Gipfels. Von 795 Millionen hungernden Menschen weltweit leben laut Welternährungsprogramm (WFP) 232,5 Millionen in Afrika. Ursache: Dürre, aber auch Krieg und Terrorismus. Der stärkere Einsatz der G20 gegen den Hunger ist auch eine der zentralen Forderungen der zivilen Organisationen.

Sowohl Dürre als auch kriegerische Auseinandersetzungen dauern in Afrika immer länger an. Es sind die Hauptgründe, weshalb weltweit mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht sind. Auch dies ist Thema des Gipfels. Die G20-Staaten wollen nun die „Partnerschaft mit Afrika vertiefen“, die Wirtschaft ankurbeln, das Gesundheitssystem fördern, die Rechte von Frauen stärken.

Die Bundesregierung schloss gerade eine „Reformpatenschaft“ mit Ghana, Tunesien und der Elfenbeinküste ab: Jedes Jahr gibt man dafür 300 Millionen Euro aus. Bisher waren die Investitionen etwa der EU in Afrika klein, die meisten kommen aus China. Auch von der zugesagten humanitären Hilfe der Industrienationen ist bisher nur rund ein Drittel angekommen. Ein großer Teil des Geldes aus Europa an die afrikanischen Regierungen etwa in Niger oder Mali fließt auch in Ausrüstung und Ausbildung von Polizei oder Militär, um die Kontrolle der Grenzen zu verbessern und irreguläre Migration zu reduzieren – dies ist ein wichtiges Ziel der europäischen Staaten. In 2017 flohen bereits mehr als 70.000 Menschen aus Afrika über Libyen in Richtung Europa, fast 2000 starben auf der Flucht über das Mittelmeer.

Bei der Diskussion mit Afrika üben Gipfel-Gegner Kritik: Bloß ein Staat des Kontinents gehört überhaupt zu G20, Südafrika. Vertreter von anderen afrikanischen Ländern sind allerdings zur Konferenz nach Hamburg eingeladen, Anfang Juni kamen Staatschefs aus Afrika zu einer G20-Konferenz mit Merkel in Berlin zusammen.

Frauenrechte: Die Frauen weltweit zu stärken ist ein weiteres Ziel, das sich Deutschland als Vorsitz der G20 auf die Fahnen geschrieben hat. Frauen in Afrika sollen besonders unterstützt werden. Noch immer wird Frauen der Zugang zu Bildung, dem Gesundheitssystem oder politischer Teilhabe etwa in Parteien stärker als Männern verwehrt. Vor allem für Staaten wie Saudi-Arabien und Indien gilt das, die auch zur G20 gehören. Frauen bekommen zudem für die gleiche Arbeit weniger Gehalt oder haben schlechteren Zugang zum Arbeitsmarkt. 2016 hatten Männer weltweit durchschnittlich ein Einkommen von 20.000 Dollar, Frauen im Schnitt nur 11.000 Dollar. Die G20-Staaten haben sich dazu verpflichtet, die Lohnlücke bis ins Jahr 2025 um 25 Prozent zu reduzieren. In Hamburg wollen die Staaten eine Bestandsaufnahme verfassen. Und auch Deutschland ist weit von seinem Ziel entfernt: Laut Statistischem Bundesamt verdienen Männer 21 Prozent mehr als Frauen.

Gesundheit: Zum ersten Mal steht das Thema Gesundheit größer auf der Tagesordnung. Auch auf Drängen von Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen haben sich die Industrienationen der G20 den Zielen der Vereinten Nationen verpflichtet. Sie sind in der „Agenda 2030“ festgeschrieben. Die Bundesregierung will sich für die Umsetzung der ambitionierten Pläne während des Treffens in Hamburg einsetzen. Vor allem die Wirkung von Antibiotika soll verbessert werden. Die Delegierten der Teilnehmernationen wollen zudem Konsequenzen aus der Ebola-Epidemie im Jahr 2014 im Westen Afrikas beraten.