Auch in der Kunst spielen Gesten eine wichtige Rolle, die jedoch beim Betrachter die Kenntnis des Bedeutungsinhalts voraussetzt. Relativ eindeutig sind etwa die Handhaltungen in Renaissancewerken wie dem „Isenheimer Altar“ von Matthias Grünewald zu deuten. Maria Magdalena, die links am Kreuz kniet, hält die Finger beider Hände in einer Gebetsgeste verschränkt flehentlich nach oben. Auf der anderen Seite steht Johannes der Täufer, der mit seinem eigentlich viel zu langen Zeigefinger auf den toten Christus weist, als Zeichen für die Vollendung seines Erlösungswerks. Die berühmteste Handgeste der europäischen Kunstgeschichte dürfte jedoch Michelangelo auf dem Deckenfresko der Six­tinischen Kapelle geschaffen haben. Während Adam von links den Zeigefinger der linken Hand zu Gott ausstreckt, lässt dieser über den energischen Zeigefinger seiner Rechten den Lebensfunken auf den ersten Menschen überspringen.
Streng formalisiert
sind die Handgesten in der Kunst der Ostkirche. So formen auf der Ikone vom Typus Christus Pantokrator (Allesherrscher) die Finger vom Zeigefinger weg mit innen überschlagenem Daumen und Ringfinger das Christusmonogramm Chi, das griechisch X geschrieben wird.
Noch komplizierter
sind die vielen Hand­-
ges­ten in der buddhistischen Kunst. Wenn die Buddha-Statue zum Beispiel dem Betrachter ihre rechte Handfläche entgegenhält und mit den Fingerspitzen nach oben weist, ist das als Einladung zu verstehen. Sitzt Buddha auf dem Boden und seine Hände liegen mit den Innenflächen nach oben ineinander auf dem Schoß, wobei sich die Spitzen der Daumen berühren, ist das ein Zeichen der Meditation.