Soll am Eingang zu Hamburg der erste Wolkenkratzer der Stadt gebaut werden? Die Meinungen gehen auseinander. Was Architekten, Unternehmer und ganz normale Bürger sagen

Hadi Teherani, Architekt: „Den Elbtower zu bauen ist eine gute Idee. Aber wenn man den Ort markieren will, muss man ihn kräftig markieren. Es darf kein Allerweltshochhaus werden. Das bedeutet auch mehr Spiel bei der Höhe. Das höchste Hochhaus in Deutschland ist das Gebäude der Commerzbank in Frankfurt/Main mit 258 Metern. Hamburg und der große Fluss hätten es verdient, dass hier das höchste Hochhaus Deutschlands steht. Also: 60 Meter fehlen dann noch.“


Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen:
„Ein Projekt mit Ausstrahlung. Zwar ungefähr das Gegenteil von bezahlbarem Wohnraum, aber mit funktionaler Nutzungsmischung, die aktuellen Bedarfen gerecht wird. An der Einmaligkeit der Elbbrücken und dem unverwechselbaren Charme des Eingangs nach Hamburg wird sich nichts ändern. Im Gegenteil. Er wird erweitert um einen echten Hingucker.“


Schorsch Kamerun, Mitbegründer des Golden Pudel Clubs:
„Ja, großartig! Als Künstler muss ich eine solch sich gegenseitig totschlagende Wahrzeichen-Maßlosigkeit pauschal unterstützen. Ich bin unbedingt dafür, allerdings sollte diese nächste Wachstumsrelevanz auf 60 Etagen diesmal die Bevölkerung sauber abbilden. 15 Stockwerke für Kinder, 15 Stockwerke für Geflüchtete, 15 Stockwerke für Weiß-noch-nicht-so-genau und 15 für die drei großen Bs, also die grundhanseatischen Bedürfnisse: Büro, Business, Beigentumswohnung.“


Cord Wöhlke, Geschäftsführer von Budnikowsky:
„Als ich von den Plänen gehört habe, war ich sofort begeistert. Vor allem den Standort finde ich faszinierend! Das muss ein großartiger Anblick sein, wenn man von den Elbbrücken nach Hamburg hereinfährt – und dann dieses Gebäude sieht.“


Albert Wiederspiel, Filmfest-Direktor:
„Profitieren wir doch davon, dass wir genügend Platz haben, um ein zukunftsorientiertes, nachhaltiges Bauprojekt auf die Beine zu stellen. Es muss ja diesmal ein nicht von der öffentlichen Hand finanziertes Bauvorhaben sein. Die Elbphilharmonie hat gezeigt, wie viel auch internationale Aufmerksamkeit ein einziger Bau der Stadt bringen kann. Das kann niemandem schaden.“


Harald Vogelsang, Haspa-Chef:
„Der Elbtower könnte zu einem weiteren Wahrzeichen unserer Stadt werden als ein Symbol für Dynamik und Wachstum auch über Deutschland hinaus. Wichtig ist, dass die Lehren aus dem Bau der Elbphilharmonie Berücksichtigung finden, ohne den Mut zu verlieren!“


Jan Petersen, Geschäftsführer des Projektentwicklers Aug. Prien Immobilien:
„Die Lage ist ideal für ein solches gigantisches Bauvorhaben und wird eine Bereicherung für die Stadt sein. Allerdings ist es auch eine Herausforderung, einen Investor zu finden. Denn die hohen Baukosten müssen später über die Miete wieder verdient werden.“


Heinrich Stüven, Vorsitzender des Grundeigentümerverbandes:
„Ich halte das für eine richtig gute Idee, weil Hamburg damit auch vom Süden her einen repräsentativen Eingang bekommt – und das in Kontrast zu den alten Elbbrücken. Das ist das, was Hamburg ausstrahlt: einerseits Moderne, andererseits die Erhaltung von historischen Bauwerken.


Andrea Rothaug, Geschäftsführerin des Musikervereins RockCity Hamburg
: „Wir sagen Elbpower statt Elbtower. Denn eine Idee, die so alt ist wie die Väter ihrer Erfinder, kann in unserem Zeitalter keine Idee sein, die Zukunft hat. Wir brauchen neue Antworten auf altbekannte Fragen, auch hinsichtlich urbaner Identitäten.“


Lars Heinrich, Arbeit suchend:
„Wir haben doch schon die Elbphilharmonie, da brauchen wir nicht noch so ein riesiges Gebäude. Ich finde es etwas unnötig, und das muss wirklich nicht sein!“


Michael Eggenschwiler, Flughafenchef:
„Ich bin ein Freund von schöner Architektur und von Türmen, von denen man die Stadt von oben sehen kann. Deshalb würde ich mich über einen Blick aus 200 Metern Höhe freuen.“


Joachim Lux, Thalia-Intendant:
„Ich freue mich grundsätzlich über solche Projekte, siehe Olympia. Denn Stillstand ist Rückschritt. Mit einem überaus kräftigen Aber: Architektur und Gesellschaftspolitik müssen zueinanderfinden. Hamburg braucht nicht Retorte, sondern Biotope. Vorschlag daher: fünf Prozent der eine Milliarde Baukosten gehen Zug um Zug in die soziale, kulturelle und künstlerische Entwicklung der HafenCity zu einem für Menschen nachhaltig lebenswerten Stadtraum. Das ist die ,Maklergebühr‘, die der Investor zahlen muss. So entsteht Raum für das nicht Planbare und Kreative. Denn davon leben wir – Wolkenkratzer hin oder her.


Rainer Moritz, Literaturhaus-Chef:
„Schon wieder ein Prestigeobjekt? Dabei müssen wir erst einmal das weltweite Leuchten der Elbphilharmonie verkraften. Und muss es wirklich ein Wolkenkratzer sein? Warum nicht das größte Fußballstadion der Welt? Mit 116.000 Plätzen wäre Hamburg ganz vorne. Oder das größte Literaturhaus Europas? Das wäre übrigens viel preisgünstiger zu haben.“


Anneliese Gronowski, Rentnerin:
„Wofür brauchen wir denn so ein großes Gebäude? Ich verstehe das nicht so ganz, was das eigentlich soll.“


Petra Wandel, Büroangestellte:
„Ich bin ganz erschrocken! Das passt absolut nicht dahin und nicht zu den Elbbrücken! Und schon gar nicht für eine Milliarde Euro!“


Björn Dahler, Geschäftsführer und Gründer von Dahler&Company: „Die Debatte um die Hochhaus-Thematik in unserer Stadt muss geführt werden, denn auch Städte wie Hamburg vertragen ein Wachsen in die Höhe. Allerdings erschließt sich mir auf den ersten Blick nicht ganz, warum es gleich ein Hochhaus dieser Dimension sein muss, wenn doch auf lange Sicht kein weiteres in dieser Art in Hamburg vorstellbar erscheint. Man muss sich ferner darüber im Klaren sein, dass die zu Recht angestrebte Weltklasse-Architektur aufgrund der damit naturgemäß verbundenen Baukosten ausschließlich hoch- und höchstpreisige Nutzungen zulassen wird.“


Allec Diesing, Student:
„Es wirkt doch sehr kontrovers! Hamburg versucht da etwas, was nicht zu Hamburg passt. Außerdem ist es doch irgendwie dasselbe wie die Elbphilharmonie. Es ist absolut nicht passend, geschweige denn schön!“


Gabriele Bekaan, Bibliothekarin: „Auf keinen Fall für das Geld! Außerdem: Wofür brauchen wir denn noch ein riesiges Denkmal? Wenn ich wählen könnte, würde ich auf jeden Fall dagegen stimmen, das ist wirklich nicht schön!“