Für den 16. Dezember laden die fünf Museen und Ausstellungshäuser der Kunstmeile Hamburg gemeinsam mit dem Hamburger Abendblatt zum Besuch ihrer spannenden Ausstellungen ein

Am kommenden Freitag ist Abendblatt-Kunstmeilentag. Leser, die den am 16. Dezember auf der Titelseite abgedruckten Coupon oder ihr Smartphone/Tablet mit geöffnetem E-Paper vorweisen, können an diesem Tag die Ausstellungen in der Kunsthalle, dem Museum für Kunst und Gewerbe, dem Bucerius Kunst Forum, dem Kunstverein und den Deichtorhallen kostenlos besuchen. Zwei der fünf Institutionen stehen in diesem Jahr unter neuer Leitung, das Abendblatt sprach mit Franz Wilhelm Kaiser, dem Chef des Bucerius Kunst Forums, und mit Christoph Martin Vogtherr, der seit 1. Oktober Direktor der Hamburger Kunsthalle ist.

Die Berliner Museumsinsel ist in der Öffentlichkeit bekannt, auch das Frankfurter Museumsufer. Wann haben Sie als Neulinge in der Stadt zum ersten Mal von der Hamburger Kunstmeile gehört?

Franz Wilhelm Kaiser: Erst nach meinem Dienstantritt hier in Hamburg.

Christoph Martin Vogtherr: Mir ging es ähnlich.

Finden Sie die Idee gut?

Vogtherr: Wichtig finde ich vor allem die sich daraus ergebende gute Nachbarschaft. Durch die Vernetzung unserer Angebote entsteht so etwas wie eine „kritische Masse“, was letztlich allen hilft und was Hamburg als Museumsstandort auch braucht.

Kaiser: Die Vernetzung der fünf Kunsthäuser ist eine tolle Sache, sowohl für die Hamburger als auch auswärtige Besucher. Der Kunstmeilenpass bietet einen überzeugenden Wert, sicherlich werden wir in den nächsten Jahren danach streben, die Marke weiter zu etablieren nach dem Vorbild der bereits genannten Beispiele in Berlin und Frankfurt.

Haben Sie Hamburg während Ihrer Tätigkeit in Den Haag und in London als Kunststadt wahrgenommen?

Kaiser: Natürlich kennt man im Kunstbereich den großen Hamburger Kunsthistoriker Aby Warburg und die Kunsthalle. Das Bucerius Kunst Forum ist mir seit Längerem ein Begriff. Wirklich kennengelernt habe ich die Qualität der Programmatik des Hauses 2014, weil das Gemeentemuseum Den Haag, in dem ich als Ausstellungsdirektor tätig war, Hauptleihgeber der Mondrian-Ausstellung gewesen ist. Sonst wären mir noch die Deichtorhallen eingefallen.

Vogtherr:Ich musste meinen Londoner und Pariser Kollegen immer etwas mühsam erklären, wo ich eigentlich hingehe. Eine gute Freundin fragte mich kürzlich, was wir so in der Kunsthalle haben. Als ich Manets „Nana“ und Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ nannte, sagte sie sehr überrascht: „Ach, das ist alles in Hamburg.“ Das heißt: Viele Kunstwerke sind bekannt, werden aber nicht mit Hamburg in Verbindung gebracht.

Könnte Hamburg mehr aus seiner Kunst machen?

Vogtherr: Im nationalen Bereich funktioniert das ganz gut, aber international gibt es da großen Nachholbedarf.

Was verbindet die fünf Häuser der Kunstmeile?

Kaiser: Dass sie ein Kunstangebot bereithalten, das dem Besucher etwas bietet, aber auch etwas von ihm verlangt. Nämlich, dass er sich auf die Auseinandersetzung mit Kunst einlässt. Und das funktioniert ganz gut, ich spüre hier in Hamburg ein größeres Kunstinteresse als ich es in Holland erlebt habe. Das betrifft übrigens auch das Presseecho.

Vogtherr: Was wir alle gemeinsam haben, ist Kunst in Hamburg und Kunst für Hamburg.

Haben die fünf Häuser ein unterschiedliches Publikum, oder überlappt sich das weitgehend?

Kaiser: So generell kann man das nicht sagen. Alle Häuser der Kunstmeile bieten unterschiedliche Schwerpunkte, das macht es so spannend. Ein großer Teil unseres Publikums im Bucerius Kunst Forum ist sehr treu und kommt regelmäßig in die Ausstellungen und zu unseren Veranstaltungen. Mit jedem wechselnden Thema verzeichnen wir zusätzlich unterschiedliche Interessensgruppen, was uns sehr freut.

Vogtherr: Wahrscheinlich haben der Kunstverein und auch die Deichtorhallen am ehesten ein sehr spezifisches, vielleicht auch etwas jüngeres Publikum, grundsätzlich sprechen wir aber dieselben Menschen an. Im Übrigen gibt es unterschiedliche Lebensphasen, in denen der Museumsbesuch jeweils auch einen unterschiedlichen Stellenwert einnimmt.

Welche Gruppe ist denn am schwersten zu erreichen?

Vogtherr:Das sind sicher die 20– bis 35-Jährigen, die sich erst einmal beruflich und familiär etablieren. Die Älteren, und vor allem die Gruppe der ab 60-Jährigen, haben wieder mehr Zeit, Museen zu besuchen. Und sie sollen sich bei uns selbstverständlich willkommen fühlen. Grundsätzlich müssen wir alle im Blick haben.

Kaiser: Traditionell ist es für alle Museen und Kunsthäuser schwer, die Jugendlichen und junge Erwachsene zu erreichen. Daraus zu schließen, dass sie in der Zukunft keine Besucher sein werden, ist zu kurzsichtig.

Finden Sie, dass die Kunstmeile im Stadtbild überhaupt wahrgenommen wird? Oder müsste man da außer den grünen Fahnen noch mehr tun?

Kaiser:Ja, da muss noch mehr geschehen. Es ist sicher kein Zufall, dass wir beide als Neu-Hamburger am Anfang nicht wussten, dass es in Hamburg ein solches Angebot gibt. Gerade auf touristischer Ebene gibt es hier Potenzial. Die Marke Kunstmeile ist noch zu wenig erkennbar.

Vogtherr: Da fehlt zum Teil auch noch eine städtebauliche Einladung. Von der Kunsthalle zum Bucerius Kunst Forum läuft man gern, weil das zum Beispiel an der Alster ein angenehmer Spaziergang sein kann. Der Weg zu den Deichtorhallen ist weit weniger attraktiv, er müsste stark aufgewertet werden.

Die Kunstmeile ist als Marketing-Instrument gedacht, das sich vorrangig an auswärtige Besucher richtet. Ist das der richtige Akzent?

Kaiser: Als die Kunstmeile gegründet wurde, war die wichtigste Intention, viel mehr auswärtige Besucher auf den Kunststandort Hamburg aufmerksam zu machen. Diese internationale und nationale Perspektive spielt nach wie vor eine zentrale Rolle. Darüber hinaus ist der Kunstmeilenpass auch ein großartiges Angebot für alle Hamburger, insbesondere für die, die noch nicht zu unserem Stammpublikum zählen und die Häuser neu entdecken möchten. Gerade deshalb gibt es den Kunstmeilentag in Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt.

Vogtherr: Hamburg sollte den Menschen von außerhalb vermitteln, dass sie hier mindestens ein Wochenende in sehr guten und interessanten Museen verbringen können.

Mit der bevorstehenden Eröffnung der Elbphilharmonie wird sich Hamburg überregional und international stark als Musikstadt profilieren. Was bedeutet das für Hamburgs Kunstmuseen?

Vogtherr: Das ist auch für uns gut und schon deshalb keine Konkurrenzsituation, weil man normalerweise in die Elbphilharmonie zu einer anderen Tageszeit geht als ins Museum. Das ist gar kein Problem, sondern im Gegenteil eine super Kombination und eine Chance für alle.

Kaiser: Wir können als Stadt und als Ausstellungshaus nur davon profitieren, dass viele Menschen nach Hamburg kommen werden, um das neue Konzerthaus und sein Programm zu erleben.

Fünf Museen an einem Tag zu besuchen, ist fast unmöglich. Was empfehlen Sie unseren Lesern – natürlich außer Ihrem eigenen Haus – ganz besonders?

Vogtherr: An einem solchen Tag würde ich das gesamte Angebot nutzen und tatsächlich in jedes Haus gehen, auch wenn ich mir dort jeweils nur eine oder zwei Sachen ansehen kann. Also überall mal schnuppern, um später zu entscheiden, worauf man sich mal intensiver einlassen möchte.

Kaiser: Ansonsten wird man sich natürlich von seinen Vorlieben leiten lassen: Also wer sich zum Beispiel für zeitgenössische Kunst interessiert, wird vermutlich an den Deichtorhallen und dem Kunstverein nicht vorbeikommen.

Geld verdienen Sie nicht, weil der Eintritt frei ist. Welches Ziel verfolgen Sie mit dem Abendblatt-Kunstmeilentag?

Vogtherr: Es geht darum, den Appetit zu wecken und darauf hinzuweisen, was es für tolle Angebote in dieser Stadt gibt.

Kaiser: Wenn man an diesem Tag feststellen kann, was alles vorhanden ist, bietet das Chancen für vielfältige Entdeckungen in der Zukunft. Und es lädt dazu ein, später wiederzukommen, um mit Freunden oder der Familie Kunst zu genießen. Genau das wollen wir fördern.