Duuu, was ist eigentlich ein Orgasmus? Ein Blick in die tierische Menschheitsgeschichte - zwischen Trieb und berauschendem Glücksgefühl.

Generationen sind mit dem Verweis auf die "lieben Bienchen" aufgeklärt worden: Wie die Tiere samt Stachel zur sich öffnenden Blüte fliegen, sie bestäuben und so dazu beitragen, die Art zu erhalten. Ja, ja die Natur. Den Rest konnte man sich mühsam zusammenreimen. Wenn Kinder heute ihre Eltern fragen "Duuuu, was ist eigentlich ein Orgasmus?", könnte der Hinweis auf die Bienchen schnell in einer Sackgasse enden.

Denn für das Bienenmännchen, die Drohne, ist der Höhepunkt beim Sex das Todesurteil. Sein Geschlechtsteil wird - inklusive Organen und jeder Menge Körperflüssigkeit - aus dem Körper gerissen und verbleibt in der Königin. Das bringt den Bienenmann schlagartig um, ebenso wie alle Geschlechtsgenossen, die bis zur Königin vorstoßen.

So weit kann die Wissenschaft dem tierischen Treiben noch gut folgen.

Doch schon bei der Frage, ob der geschlechtliche Höhepunkt beim Tier mit Lust verbunden ist, wie beim Menschen, müssen die Forscher im Prinzip passen.

Der Mensch dagegen wird auf dem Gipfel des Geschlechtsakts mit einem Glücksgefühl belohnt. Jedenfalls wenn alles stimmt beim eng verwobenen Spiel zwischen Körper und Psyche. Zahlreiche individuelle Reize spielen dabei mit: Düfte, Träume, erotische Bilder und erogene Körperzonen.

Warum Frauen beim Wettlauf in die "Leidenschaft" - das ist der Wortsinn von "Orgasmus" - allerdings länger brauchen als Männer, weiß die Wissenschaft nicht genau.

Vielleicht liegen die Gründe für die auch sonst recht unterschiedlichen Empfindungen von Mann und Frau beim Höhepunkt im Dunkel der Menschheitsgeschichte. So könnten sich die urzeitlichen Menschenweibchen, um ihre Chance auf Nachwuchs zu erhöhen, von mehreren Männchen kurz hintereinander haben begatten lassen. War es deshalb sinnvoll, sich den Höhepunkt aufzusparen? Das könnte auch der Grund sein, warum Frauen zu mehreren aufeinanderfolgenden Orgasmen fähig sind (die aber schwieriger zu erreichen sind), während die Lust des Mannes von himmelhoch jauchzend rasend schnell in abgrundtiefe Erholung fällt. Das Leistungstief des Mannes ist messbar - am Pegel des Sprinterhormons Testosteron. Der fällt bei ihm rapide, während er nach dem Orgasmus bei ihr sogar leicht steigt.

Unbestritten ist auch: Die Tiefe der Empfindung hat evolutionsbiologisch dazu beigetragen, dass der Mensch sich überall auf der Welt breitgemacht hat. Der Mix von Lust und Trieb garantiert den Fortbestand der Art. Der Orgasmus im Dienst der übergeordneten Strategie - im Sinne der Fortpflanzung und der Bindung an einen Partner.

Und immer spielt der Kopf dabei mit. Physiologisch betrachtet gilt der Höhepunkt als "neuronales Feuerwerk", eine vom Gehirn gesteuerte Phase der Erregung. Während der Lust sind andere Gefühlsvarianten wie Schmerz deutlich vermindert. Ein außerplanmäßiges Reizschema tritt in Kraft. Schimmert hier das Tier im Menschen durch? Oder weisen uns die Tiere den Weg zu menschlichem Verhalten?

Die Wissenschaft versucht, dem nachzugehen. Und schließt aus tierischem Verhalten, das Menschen bekannt vorkommt, auf "menschelnde" Tiere. Aus solcher Rotlicht-Grauzone tauchen dann Schlagzeilen auf wie "Forellen täuschen Orgasmus vor". Das jedenfalls wollten britische Biologen vor Jahren herausgefunden haben, nachdem sie weibliche Bachforellen beobachtet hatten.

Die Fischweibchen zitterten kurz vor der potenziellen Befruchtung, und zwar so heftig, dass die paarungsbereiten Partner (beglückt?) verschwanden, bevor Eier und Samen zusammentrafen. 69 der beobachteten 117 Geschlechtsakte seien vorgetäuscht, beschrieben die Forscher im Wissenschaftsblatt "New Scientist". Die Erklärung für die Pseudo-Orgasmen: Die Fischfrauen müssten sparsam mit ihren Eiern umgehen, weil deren Produktion aufwendiger sei als die Produktion der Spermien bei den Männchen. Die aber müssten wegen offensichtlichen Spermien-Überangebots jede Chance nutzen, ins Ziel zu treffen. Das wäre im Sinne der Evolution und des von Darwin beschriebenen Kampfs ums Überleben.

Am Ende krönt den menschlichen Orgasmus das Hormon Oxytocin, beim Manne wie bei der Frau. Die Ausschüttung führt zu einem wohligen Gefühl der Entspannung - der Schlaf danach ist garantiert.